Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Der neue Dfb-präsident Fritz Keller plädiert in Düsseldorf für mehr Demut und Demokratie im Verband.
Beim Spobis-kongress in Düsseldorf skizziert der neue Präsident einen Verband nach seinen Vorstellungen.
DÜSSELDORF Ein bisschen wirkt Fritz Keller wie ein Außerirdischer auf dem Spobis. Denn während das Sportbusiness auf seinem europaweit größten Branchentreffen in der Düsseldorfer Messe in schmucken Seminarräumen darüber debattiert, wie es noch mehr Daten über Fans sammeln und verwerten kann, wie es das Stadionerlebnis digitalisieren und Absatzwege im Merchandising optimieren kann, da sitzt der neue Präsident des Deutschen Fußball-bundes (DFB) im Scheinwerferlicht der Hauptbühne und schwärmt vom Fußball „als dem letzten Lagerfeuer unserer Gesellschaft“. Doch Fritz Keller hat sich nicht unter die Meute der Manager, Strategy Officers und Head-ofs gemischt, um den Gute-laune-onkel aus dem Breisgau zu mimen. Keller ist da, um einen neuen Deutschen Fußball-bund zu skizzieren. Seinen neuen DFB. Und die Zuhörer merken schnell: Romantik ist da kein Selbstzweck.
„Wir brauchen im DFB eine neue Fehlerkultur. Wenn jeder Angst hat, Fehler zu machen, ist das schlecht“, sagte der 62-Jährige. Rums, zum Ersten. „Wir müssen transparenter sein, schneller sein, die Good Governance auf die Beine stellen. Das System aus Checks and Balances muss her.“Rums, zum Zweiten. „Es tut dem DFB gut, in Zukunft ein bisschen bescheidener auftreten. Und er sollte auch Demut zeigen vor der Aufgabe, die wir hier haben“. Rums, zum Dritten. Keller war Winzer, Gastronom, Hotelier und Präsident des SC Freiburg, bevor er sich in zweimonatigen Verhandlungen im Herbst davon überzeugen ließ, den DFB zu führen. Bei diesen Verhandlungen müssen sie ihn vor allem davon überzeugt haben, den Laden an der Frankfurter Otto-fleck-schneise tatsächlich umkrempeln zu wollen. Denn nach nur etwas mehr als drei Monaten hat das Umkrempeln laut Keller schon längst begonnen. So unterziehe sich der DFB einer Inventur von externer Seite. „Die One-man-show muss weg. Du musst Verantwortung übergeben, und jeder muss in seinem Verantwortungsbereich auch Stellung beziehen“, sagte Keller in Düsseldorf. Und er sagte, dass diese Verantwortungsträger wie die Co-piloten bei der Lufthansa das Recht hätten, ihn zu überstimmen und „mich vor Dummheiten zu bewahren“. Er habe jedem seiner Mitarbeiter empfohlen, sich abends eine Minute zu gönnen, um zu überlegen, ob die heutige Arbeit dem Fußball an der Basis geholfen habe, erklärte Keller. Das findet er wichtig, die Sinnhaftigkeit zu überprüfen. Letztlich geht es ja um nicht weniger als die Sinnhaftigkeit des DFB.
Keller will keiner sein, der alles besser weiß. Alles umkrempelt. Alles niederbrüllt. Kein „neuer Löwe sein, der die anderen erst mal kaputtbeißt“. Wenn man es mit intelligenten Menschen zu tun habe, funktionierten Anordnungen von oben doch nur selten in der heutigen Zeit. Doch er will sich streiten, will überzeugen, und er will am Ende auch das durchsetzen, was für er richtig hält. Das schon. Daran lässt er keinen Zweifel. Zum Beispiel: die Ausgliederung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes des DFB in eine Gmbh. Das ist für ihn beschlossene Sache.
Ja, wenn Keller über die Zukunft des Fußballs spricht, bemüht er das Lagerfeuerbild. Aber er spricht eben auch problemlos die Sprache der Geschäftswelt, um die es beim Kongress in Düsseldorf geht. „Wir müssen im Fußball wie in der Industrie in Generationen denken“, sagte er. Und er regt an, ob man nicht einem Ehrenamtler, der sich über 20, 30 Jahre vier, fünf Tage die Woche engagiert habe, einen oder zwei Rentenpunkte schenken könne. Er weiß also auch, was an der Basis des Verbands geschieht, worüber gesprochen wird.
Doch neben den Ehrenamtlern geht es beim DFB eben auch nach wie vor um die Nationalmannschaft. Und natürlich sei die ein Premium-produkt. Aber eines, das man wieder fannäher gestalten müsse. Mit Stehplätzen und 15-Euro-tickets bei einem Freundschaftsspiel. „Ich bin auch der Meinung, dass wir das eine oder andere Spiel von der Anstoßzeit wieder familienfreundlicher gestalten müssen“, sagt er. Und er weiß, dass Tv-anstalten das nicht gerne hören.
Doch Keller, so viel wird an diesem Nachmittag in Düsseldorf klar, ist keiner, der nur das sagt, was alle gerne hören. Am letzten Lagerfeuer der Gesellschaft muss nicht immer Konsens herrschen. So viel weiß das Sport-business jetzt.