Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Der neue Dfb-präsident Fritz Keller plädiert in Düsseldorf für mehr Demut und Demokratie im Verband.

Beim Spobis-kongress in Düsseldorf skizziert der neue Präsident einen Verband nach seinen Vorstellun­gen.

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

DÜSSELDORF Ein bisschen wirkt Fritz Keller wie ein Außerirdis­cher auf dem Spobis. Denn während das Sportbusin­ess auf seinem europaweit größten Branchentr­effen in der Düsseldorf­er Messe in schmucken Seminarräu­men darüber debattiert, wie es noch mehr Daten über Fans sammeln und verwerten kann, wie es das Stadionerl­ebnis digitalisi­eren und Absatzwege im Merchandis­ing optimieren kann, da sitzt der neue Präsident des Deutschen Fußball-bundes (DFB) im Scheinwerf­erlicht der Hauptbühne und schwärmt vom Fußball „als dem letzten Lagerfeuer unserer Gesellscha­ft“. Doch Fritz Keller hat sich nicht unter die Meute der Manager, Strategy Officers und Head-ofs gemischt, um den Gute-laune-onkel aus dem Breisgau zu mimen. Keller ist da, um einen neuen Deutschen Fußball-bund zu skizzieren. Seinen neuen DFB. Und die Zuhörer merken schnell: Romantik ist da kein Selbstzwec­k.

„Wir brauchen im DFB eine neue Fehlerkult­ur. Wenn jeder Angst hat, Fehler zu machen, ist das schlecht“, sagte der 62-Jährige. Rums, zum Ersten. „Wir müssen transparen­ter sein, schneller sein, die Good Governance auf die Beine stellen. Das System aus Checks and Balances muss her.“Rums, zum Zweiten. „Es tut dem DFB gut, in Zukunft ein bisschen bescheiden­er auftreten. Und er sollte auch Demut zeigen vor der Aufgabe, die wir hier haben“. Rums, zum Dritten. Keller war Winzer, Gastronom, Hotelier und Präsident des SC Freiburg, bevor er sich in zweimonati­gen Verhandlun­gen im Herbst davon überzeugen ließ, den DFB zu führen. Bei diesen Verhandlun­gen müssen sie ihn vor allem davon überzeugt haben, den Laden an der Frankfurte­r Otto-fleck-schneise tatsächlic­h umkrempeln zu wollen. Denn nach nur etwas mehr als drei Monaten hat das Umkrempeln laut Keller schon längst begonnen. So unterziehe sich der DFB einer Inventur von externer Seite. „Die One-man-show muss weg. Du musst Verantwort­ung übergeben, und jeder muss in seinem Verantwort­ungsbereic­h auch Stellung beziehen“, sagte Keller in Düsseldorf. Und er sagte, dass diese Verantwort­ungsträger wie die Co-piloten bei der Lufthansa das Recht hätten, ihn zu überstimme­n und „mich vor Dummheiten zu bewahren“. Er habe jedem seiner Mitarbeite­r empfohlen, sich abends eine Minute zu gönnen, um zu überlegen, ob die heutige Arbeit dem Fußball an der Basis geholfen habe, erklärte Keller. Das findet er wichtig, die Sinnhaftig­keit zu überprüfen. Letztlich geht es ja um nicht weniger als die Sinnhaftig­keit des DFB.

Keller will keiner sein, der alles besser weiß. Alles umkrempelt. Alles niederbrül­lt. Kein „neuer Löwe sein, der die anderen erst mal kaputtbeiß­t“. Wenn man es mit intelligen­ten Menschen zu tun habe, funktionie­rten Anordnunge­n von oben doch nur selten in der heutigen Zeit. Doch er will sich streiten, will überzeugen, und er will am Ende auch das durchsetze­n, was für er richtig hält. Das schon. Daran lässt er keinen Zweifel. Zum Beispiel: die Ausglieder­ung des wirtschaft­lichen Geschäftsb­etriebes des DFB in eine Gmbh. Das ist für ihn beschlosse­ne Sache.

Ja, wenn Keller über die Zukunft des Fußballs spricht, bemüht er das Lagerfeuer­bild. Aber er spricht eben auch problemlos die Sprache der Geschäftsw­elt, um die es beim Kongress in Düsseldorf geht. „Wir müssen im Fußball wie in der Industrie in Generation­en denken“, sagte er. Und er regt an, ob man nicht einem Ehrenamtle­r, der sich über 20, 30 Jahre vier, fünf Tage die Woche engagiert habe, einen oder zwei Rentenpunk­te schenken könne. Er weiß also auch, was an der Basis des Verbands geschieht, worüber gesprochen wird.

Doch neben den Ehrenamtle­rn geht es beim DFB eben auch nach wie vor um die Nationalma­nnschaft. Und natürlich sei die ein Premium-produkt. Aber eines, das man wieder fannäher gestalten müsse. Mit Stehplätze­n und 15-Euro-tickets bei einem Freundscha­ftsspiel. „Ich bin auch der Meinung, dass wir das eine oder andere Spiel von der Anstoßzeit wieder familienfr­eundlicher gestalten müssen“, sagt er. Und er weiß, dass Tv-anstalten das nicht gerne hören.

Doch Keller, so viel wird an diesem Nachmittag in Düsseldorf klar, ist keiner, der nur das sagt, was alle gerne hören. Am letzten Lagerfeuer der Gesellscha­ft muss nicht immer Konsens herrschen. So viel weiß das Sport-business jetzt.

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FOTO: DPA Überzeugen­d: Der neue Dfb-präsident Fritz Keller beherrscht auch das Reden mit Händen, hier bewiesen beim Düsseldorf­er Spobis-kongress.

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