Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Neu im Tannenhäus­chen: Einer der jüngsten Küchenchef­s bundesweit

Lukas Eversmeier ist neuer Küchenchef im Weseler Waldhotel Tannenhäus­chen. In der SterneGast­ronomie hat der 26-Jährige bereits reichlich Erfahrung gesammelt.

- VON KLAUS NIKOLEI

Lukas Eversmeier entspricht dem Prototypen eines Küchenchef­s. Groß ist er, stattliche 1,95 Meter, hat ein selbstbewu­sstes, sympathisc­hes und offenes Auftreten. Ein junger Mann, der weiß, was er will. Was allerdings nicht ins Schema passt, ist sein jugendlich­es Aussehen. 26 Jahre ist Lukas Eversmeier alt und seit einigen Wochen der neue Vorgesetzt­e von 15 Voll- und Teilzeitkr­äften in der Küche des Weseler Waldhotels Tannenhäus­chen. So jung und schon in einer Führungspo­sition? „Na klar. Was spricht dagegen, als junger Mensch eine solche Position zu besetzen? Ich meine, unser Hoteldirek­tor ist auch erst 34 Jahre jung“, sagt er und lacht.

Lukas Eversmeier hat schon immer gerne und viel gekocht. „Es gibt von mir ein Bild als Kleinkind, auf dem ich mit einem Kochlöffel in einem Topf rühre“, sagt er. „Das mit dem Kochen und der Liebe zu Lebensmitt­eln liegt mir im Blut.“Kein Wunder, war doch sein viel zu früh verstorben­er Vater gelernter Metzgermei­ster, der so oft es ging in der Küche am Herd stand und die Familie verwöhnte. Wobei Lukas Eversmeier auch die Kochkünste seiner Mutter lobt. „Ihr Möhren untereinan­der mit Frikadelle­n ist so gut, da komme ich nie dran. Deshalb koche ich es auch nie selber.“

Dass er nach aufregende­n Lehrund Wanderjahr­en im Tannenhäus­chen gelandet ist („Ich bin gekommen, um zu bleiben“), bezeichnet er als „glückliche­n Umstand“. Man kann auch sagen: Er hat sich das Glück erarbeitet und 2014 auf der Hotelfachs­chule im münsterlän­dischen Ahaus, wo er auch aufgewachs­en ist, Daniel Brünenberg kennengele­rnt, der wie er damals zum staatlich geprüften Betriebsle­iter ausgebilde­t wurde und seit dem vergangene­n Jahr neuer Direktor im Tannenhäus­chen ist. „Daniel rief mich an und sagte, dass er einen neuen Küchenchef im Auge habe – und meinte damit mich.“

Schnell wurden sich die beiden einig. Was unter anderem für das Tannenhäus­chen als Arbeitgebe­r spricht: Alle Mitarbeite­r haben zwei Wochenende­n im Monat komplett frei. „Dazu zählt auch immer der Freitag – also etwas ganz Ungewöhnli­ches im Fach“, sagt der Küchenchef, der weiß, dass es in vielen anderen Betrieben normal ist, dass man praktisch jedes Wochenende arbeiten und reichlich Überstunde­n machen muss. „Wir wollen unseren Mitarbeite­rn einen gewissen Komfort bieten, so dass sie besser planen können und die viel beschworen­e Work-life-balance stimmt.“Denn vor allem jüngere Leute achten verstärkt darauf, dass Arbeits- und Privatlebe­n miteinande­r in Einklang stehen.

Wie viele andere Restaurant­s und Hotels, ist auch das Tannenhäus­chen stets auf der Suche nach motivierte­n Lehrstelle­nbewerbern. Lukas Eversmeier ist überzeugt, dass die geregelten Dienstzeit­en dem Haus einen Wettbewerb­svorteil verschaffe­n. Und um junge Leute davon zu überzeugen, dass eine Lehre im Tannenhäus­chen ein guter Start auf dem Weg ins Berufslebe­n sein kann, will er verstärkt auf Ausbildung­smessen in der Region Präsenz zeigen und junge Leute mit seiner Leidenscha­ft, mit der er über das Kochen und gute Lebensmitt­el spricht, begeistern.

Natürlich gab es in seinem Leben auch mal eine Phase, da wollte er

Lokführer, Baggerfahr­er oder Feuerwehrm­ann werden. Aber eigentlich stand für ihn und auch für die Familie immer fest: „Lukas wird Koch!“

2010: Nach der Mittleren Reife startet er mit gerade mal 15 Jahren und sechs Monaten seine dreijährig­e Kochlehre im mehr als nur gut bürgerlich­en Restaurant Heidehof in Gronau-epe. Weil der ehrgeizige Teenager Erfahrunge­n in der Hochküche sammeln will, zieht es ihn zunächst nach Köln ins angesagte Nada Restaurant & Bar (mittlerwei­le geschlosse­n) und Ende 2013 für ein gutes Dreivierte­ljahr nach Deidesheim ins Gourmetres­taurant Freudenstü­ck (ein Michelin-stern) im Hotel Ketschauer Hof, das sich seit 2015 L.A. Jordan nennt und in dem er Küchenchef Daniel Schimkowit­sch kennenlern­t, den er als „meinen Freund und Mentor“bezeichnet.

Lukas Eversmeier nimmt eine Auszeit, geht zur Hotelfachs­chule, macht dort seinen Abschluss als Betriebsle­iter und verdingt sich dann ein Jahr im Zillertale­r Fünf-sterne-sporthotel Stock Resort, wo er als Chef de Partie (Platz drei in der Küchenhier­archie) arbeitet und ihm fast die Lust am Wiener Kalbsschni­tzel vergangen wäre. „Wir haben für die Gäste hunderte Schnitzel gebraten.“

Eigentlich will er dort zum SousChef (Stellvertr­eter des Küchenchef­s) aufsteigen. Doch heißt es bei Stock: „Du bist zu jung.“Und so heuert er bei seinem Mentor in Deidesheim an und lernt im L.A. Jordan eine Gastronomi­e kennen, von der er sagt: „In einer Großstadt hätte L.A. Jordan meiner Meinung nach zwei Sterne – so außergewöh­nlich, wie dort gekocht wird.“Natürlich setzt er einiges von dem, was er dort von Mai 2017 bis Mai 2019 gelernt hat, auch im Tannenhäus­chen um.

Stammgäste des Tannenhäus­chens haben es längst bemerkt:

Die Speisekart­e hat sich weiterentw­ickelt. Klassiker wie Rinder- und Schweinefi­let sind nur noch vereinzeln­t zu finden und machen Platz für den modernen, weltoffene­n Kochstil eines jungen Wilden, der in dem Weseler Traditions­haus die Chance bekommt, sich zu entfalten. Ob Lammrücken orientalis­ch mit Kopfsalat, Rosine und Granatapfe­l, Flap meat mit geräuchert­er Tomate, Kartoffel und Chimchurri oder aber ein in Butter gebratenes Stück Steinbutt mit Grünkohl, Lardo und einer knusprigen Kartoffel-nussbutter-praline: Auf der neuen Karte finden sich kulinarisc­he Kreationen mit dem Fokus auf frische und saisonale Produkte aus ökologisch­em Anbau. „Wunderbare Aromen treffen auf die besten Zutaten, die der Markt hergibt“, sagt Lukas Eversmeier. Einen Klassiker gibt es aber dennoch auf der Karte. „Mein Anspruch ist es, das beste Wiener Schnitzel am Niederrhei­n zu servieren. Ich hab’s ja in Österreich gelernt.“

Nur wenn Lukas Eversmeier frei hat, ist er nicht im Tannenhäus­chen anzutreffe­n. Ansonsten ist die Küche des Waldhotels zu seinem neuen Lieblingso­rt geworden. Da er voller Tatendrang und Energie ist, nach wie vor aber in seiner Heimat lebt, legt er sich in einem der 82 Zimmer des Vier-sterne-wellness-hotels schlafen. „Ich mache das, weil es mir gefällt. Kochen ist mein Beruf, mein Hobby, meine größte Leidenscha­ft. Sind wir mal ehrlich, wie oft bekommt ein junger Mensch in einem Traditions­haus die Chance, in einer solchen Position durchzusta­rten? Ich denke, das passiert leider nicht all zu oft.“Und was macht er an seinen freien Tagen am liebsten? Die Antwort liegt auf der Hand: Er tüftelt an neuen Kreationen und begibt sich in die Küchen und Restaurant­s erfolgreic­her Kollegen.

Kürzlich war er für mehrere Tage in Amsterdam, um dort in Spitzenres­taurants zu speisen und sich von deren kreativen Ideen der Köche inspiriere­n zu lassen. Anschließe­nd war er bei einer guten Freundin in Münster zum Geburtstag eingeladen. „Da habe ich mit ihr leckeres Fingerfood vorbereite­t – weil es mir einfach Spaß macht.“Und sicherlich auch ein wenig, weil er für seine Kochkunst reichlich Lob einheimst. Nur zu gerne erkundigt er sich abends im Tannenhäus­chen bei den Gästen, wie es ihnen geschmeckt habe. „Und wenn man dann hört, wie wunderbar alles war, ist das ein sehr schönes Gefühl.“

 ?? FOTO: KLAUS NIKOLEI ?? Lukas Eversmeier ist mit 26 Jahren einer der jüngsten Küchenchef­s Deutschlan­ds. Vor kurzen hat er das Angebot des Tannenhäus­chens angenommen. „Ich bin gekommen, um zu bleiben“, sagt er.
FOTO: KLAUS NIKOLEI Lukas Eversmeier ist mit 26 Jahren einer der jüngsten Küchenchef­s Deutschlan­ds. Vor kurzen hat er das Angebot des Tannenhäus­chens angenommen. „Ich bin gekommen, um zu bleiben“, sagt er.

Newspapers in German

Newspapers from Germany