Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
GOTT UND DIE WELT Madonna in den Trümmern
Eine Statue in der Kölner Kirche St. Kolumba spendet Trost, wenn alles trostlos ist.
Es war ein kleines Wunder. Als im Juni 1943 Bomben die Kölner Kirche St. Kolumba fast vollständig zerstörten, blieb eine Marienstatue beinahe unversehrt stehen. Ein Augenzeuge schrieb später von einem „unvergesslichen Anblick inmitten der trostlosen Schuttberge“. Die „Madonna in den Trümmern“steht noch heute ungefähr an derselben Stelle. Architekt Gottfried Böhm, der am 23. Januar 100 Jahre alt wurde, hat sie 1947 mit einer Marienkapelle ummantelt, die inzwischen Teil des Diözesanmuseums Kolumba ist. Bis heute gibt es in Köln keinen anderen Ort, der so intensiv zur privaten Andacht genutzt wird, wie die versteckte Kapelle mit der „Madonna in den Trümmern“. Ein fast magischer, stiller, zurückgezogener Ort. Wie kaum ein anderer symbolisiert er Hoffnung in Zeiten völliger Zerstörung.
Wir gedenken in wenigen Wochen des Kriegsendes vor 75 Jahren. Der Zweite Weltkrieg war einer der größten Tragödien der Menschheitsgeschichte. So viel Leid brachte Hitler-deutschland über die Welt, dass bei vielen Menschen der Glaube an bessere Zeiten schwand. Und da stand mitten in den Trümmern diese Statue aus dem 15. Jahrhundert. Von ihr ging eine Kraft aus, an die sich vor allem die heimatlos gewordene Kölner Bevölkerung klammerte und die bis heute wirkt: Es gibt immer einen Ausweg – ganz gleich, wie schlimm die Situation ist! Dieser Glaube macht die Madonna in den Trümmern bis heute so anziehend und so bedeutungsvoll, selbst für Menschen, die von sich behaupten, nicht besonders christlich zu sein. Der Anblick spendet Trost, wenn alles trostlos erscheint. Übrigens gab es nach dem Krieg auch Pläne, die leicht beschädigte Madonna mit dem Schutt zu entsorgen. Es waren die Kölner, die mit dem Pfarrer von St. Kolumba, die sich mit aller Macht für ihren Verbleib einsetzten. Sie hatten ein feines Gespür, welche Hoffnung der Glaube geben kann.
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