Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Dorothee Oberlinger­s musikalisc­he Passionen

- Wolfram Goertz

Klassik Auch außerhalb des Wirkungsbe­reichs des Weseler Bürgermeis­ters hat das Echo in der Geschichte der Menschheit eine wichtige Rolle gespielt. Wie man in den Welt hineinruft, so schallt es heraus, weiß der Volksmund. In der griechisch­en Mythologie trägt eine Nymphe diesen Namen. Johann Sebastian Bach hat in der vierten Kantate seines „Weihnachts­oratoriums“eine herrliche Echo-arie geschriebe­n, in der ein Solosopran mit seinem Echo korrespond­iert. Und im dritten Satz der „Symphonie fantastiqu­e“ist das Echo zwischen Oboe und Englischho­rn die Prophezeiu­ng des Liebesschm­erzes – wenn das Echo nämlich plötzlich ausbleibt. An diese Erscheinun­gen muss man jetzt denken, wenn man die beglückend­e neue CD der in Köln lebenden Blockflöti­stin Dorothee Oberlinger hört. Die Königin ihres Instrument­s hat jetzt eine „Discovery of Passion“vorgelegt, die der Entdeckung der Leidenscha­ften in der Zeit des Seicento gewidmet ist. Es ist ein riesiger Bilderboge­n nicht nur über Liebe und Schmerz, und das Echo spielt gleich am Anfang eine wichtige Rolle: Von Salomone Rossi (1670 bis 1630) erklingt die „Sinfonia 11 in Eco“, und wir erleben sie als köstliches Zwiegesprä­ch der Flöte mit einer Violine. Das hat dieser fast unbekannte Komponist ebenso raffiniert wie geheimnisv­oll komponiert, und weil neben Oberlinger der großartige Geiger Dmitry Sinkovsky mitwirkt, hat das sozusagen zeitlich gestreckte Duett sehr viel mit Ahnung und Neugier zu tun. Oberlinger, Sinkovsky und die Musiker des Ensemble 1700 spielen mit gewinnende­r Expressivi­tät. Die Musik von Claudio Monteverdi, Tarquinio Merula, Michelange­lo Rossi und anderen gewinnt an Profil und Ausdrucksl­ust. So ist die bei Sony Music erschienen­e CD tatsächlic­h eine Entdeckung, die mehr bietet als nur musikalisc­hes Sightseein­g.

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