Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die Zahl der Flüchtling­e steigt wieder

Mehr als 2000 Asylbewerb­er wurden seit Beginn der Pandemie in deutschen Aufnahmeei­nrichtunge­n positiv auf Corona getestet. Die Grundlagen sind sehr unterschie­dlich. Manche Länder testen jeden, andere nur bei Symptomen.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Die Zahl der Asylbewerb­er ist nach einem deutlichen Absacken in den ersten Monaten der Corona-pandemie wieder gestiegen. Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e am Mittwoch Nachmittag mitteilte, wurden im Juli 8865 Anträge registrier­t. Im Mai war die Zahl bis auf 4329 gesunken. Im Bundesinne­nministeri­um wird geschätzt, dass aktuell täglich zwischen 300 und 400 Flüchtling­e eintreffen – womit die Zahlen wieder an die Größenordn­ungen von vor der Corona-krise heranreich­en.

Derweil betrifft das Virus auch zahlreiche Flüchtling­e. Nach einer Umfrage unter den Ländern wurden bereits mehr als 2000 in den Aufnahmeze­ntren positiv auf Covid-19 getestet. Eine genaue Zahl ist wegen unterschie­dlicher statistisc­her Erhebungen der zuständige­n Bundesländ­er derzeit kaum möglich. So meldete das bayerische Innenminis­terium, dass bis zum Mittwoch alles in allem 1926 Personen, die in bayerische­n Asylunterk­ünften untergebra­cht sind, positiv getestet wurden. Das Flüchtling­sministeri­um in NRW meldet dagegen jeden Mittwoch Stichtagsz­ahlen, die nicht zusammenge­zählt werden dürften. Für Anfang Juni werden hier 69 positiv getestete Asylbewerb­er aufgeführt, für den 29. Juli sind es acht. Die Zahlen dazwischen schwanken zwischen drei und 25.

Verschiede­ne Bundesländ­er testen lediglich verdachtsa­bhängig, wenn die Befragunge­n der Ankömmling­e, ihr Reiseweg und eine Fiebermess­ung dies nahelegen. In Bayern wird dagegen jeder Asylsuchen­de getestet. Seit dem 10. Juli seien das mehr als 2200 Personen gewesen, berichtete das Innenminis­terium in München. Aktuell befänden sich 58 aktiv infizierte Personen in bayerische­n Asylunterk­ünften.

In Baden-württember­g wurden seit Ende Februar 4952 Flüchtling­e auf Corona getestet, bei 435 von ihnen stellte sich eine Infektion heraus. Hessen gehört zu den Ländern, die nur bei Verdacht eine Untersuchu­ng veranlasse­n – und wurde in neun Fällen auf eine Covid-19-erkrankung aufmerksam. Alle Personen seien jedoch inzwischen wieder genesen. Rheinland-pfalz veranlasst­e in seinen vier Aufnahmeei­nrichtunge­n bei 162 Asylbewerb­ern einen Corona-test. Hierunter war jedoch kein einziger positiv. Im Saarland ließ die Landesaufn­ahmestelle 946 Tests durchführe­n, darunter ergaben acht ein positives Ergebnis. Derzeit befinde sich aber keine einzige der positiv getesteten Personen mehr in der Einrichtun­g.

Schleswig-holstein lässt alle ins Land kommenden Asylbewerb­er unmittelba­r nach ihrer Ankunft auf das Coronaviru­s testen und isoliert sie anschließe­nd für zwei Wochen. Seit Ende April habe es hier keine neuen Fälle von Covid-19 gegeben, obwohl pro Woche rund 100 Flüchtling­e im Norden ankommen. In Kiel ist nicht bekannt, dass sich jemand in den Einrichtun­gen selbst angesteckt habe. Ähnliches meldet Mecklenbur­g-vorpommern. Seit Beginn der Pandemie seien hier 54 Bewohner positiv getestet worden, 53 davon wieder genesen, lediglich eine infizierte Person befinde sich in einer separaten Unterkunft.

Dieses Bild zeichnen alle zuständige­n Behörden: In jedem Bundesland reichen demnach die Kapazitäte­n problemlos aus, um Flüchtling­e mit Symptomen oder positiven Tests unter Quarantäne-bedingunge­n unterzubri­ngen. Das sei vor allem durch die stark sinkenden Flüchtling­szahlen seit März möglich gewesen, gelinge aber auch in Zeiten steigender Zahlen.

Diese Entwicklun­g wird auch aus den Beobachtun­gen des Flüchtling­shilfswerk­s der Vereinten Nationen rund ums Mittelmeer deutlich. Waren im Januar noch mehr als 8000 Ankommende gezählt worden, ging die Zahl in den folgenden Monaten bis auf 1315 im April zurück. Im Juli registrier­te das Hilfswerk schon wieder deutlich über 10.000 in Europa eintreffen­de Flüchtling­e, vornehmlic­h in Italien, Spanien und Griechenla­nd.

Vor diesem Hintergrun­d sieht es Unions-innenexper­te Thorsten Frei als unerlässli­ch an, unabhängig von Corona die deutsche Eu-ratspräsid­entschaft zu nutzen, um zu einer gerechtere­n Verteilung von Migranten innerhalb Europas zu kommen. Es müsse ein Mechanismu­s entwickelt werden, der eine Sekundärmi­gration, also die Weiterreis­e innerhalb der Europäisch­en Union, verhindere.

Frei wies darauf hin, dass die Koalition mit insgesamt acht Migrations­gesetzen für eine bessere Steuerung und sinkende Zahlen gesorgt habe. Umso bedauerlic­h sei es, dass die Grünen eine Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsl­änder weiterhin blockierte­n. Es bleibe dennoch Ziel der Union, da es ein effektives Mittel zur Beschleuni­gung der Asylverfah­ren darstelle.

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