Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Stephan E. gesteht nun doch den Mord an Walter Lübcke
FRANKFURT (epd) „Ich habe geschossen“– das sagte am Mittwoch der Hauptangeklagte Stephan E.: Mit einem neuen Geständnis hat der Prozess um den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke vor dem Oberlandesgericht Frankfurt eine überraschende Wende genommen. „Ich übernehme die Verantwortung“, trug E.s Verteidiger Mustafa Kaplan aus einer Erklärung des Angeklagten vor. „Es bleibt unentschuldbar, was ich der Familie angetan habe“, heißt es dort. „Es war feige, falsch und grausam.“Der Anwalt las die Worte „es tut mir leid“dreimal.
Stephan E. bezichtigte sich in seinem mittlerweile dritten Geständnis – dem ersten vor Gericht – des Mordes und den Mitangeklagten Markus H. der geistigen Urheberschaft. Nach dem Vortrag seines Anwalts schilderte E. selbst, wie er und H. zwischen 2016 und 2018 mehrfach Lübckes Haus ausspähten und wie die Tat in der Nacht zum 2. Juni 2019 geschehen sein soll. Er und H. seien von verschiedenen Seiten auf die Terrasse zugelaufen, er mit der Pistole im Anschlag auf Lübcke zu. „Beweg dich nicht“, habe er Lübcke zugerufen und ihn mit der Hand in seinen Stuhl zurückgedrückt.
Als Lübcke zu schreien begonnen habe und sich wieder aufrichten wollte, habe er auf dessen Kopf abgedrückt. Danach seien sie weggelaufen. E. äußerte sich widersprüchlich über die zwischen beiden verabredete Absicht. Zunächst sagte er, „Lübcke einzuschüchtern, ihn zu schlagen, das war die Absicht“. Später sagte er: „Es war vereinbart, auf jeden Fall auf Herrn Lübcke zu schießen.“
Mit seinem dritten Geständnis widerrief E. die früheren Versionen. In seinem ersten Geständnis hatte er im Juni 2019 geschildert, wie er allein zu Lübckes Haus gegangen sei und ihn erschossen habe. Im zweiten Geständnis von Januar und Februar 2020 hatte E. gesagt, er und H. hätten gemeinsam den Regierungspräsidenten aufgesucht. Dabei habe sich aus H.s Waffe der Schuss gelöst.