Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Paketflut treibt Gewinn der Post
Trotz Corona-krise geht es dem Konzern exzellent. Der Umsatz mit Paketen stieg im zweiten Quartal um 28 Prozent, weil die Menschen immer mehr Waren online bestellen. Der Aktienkurs hat sich seit April fast verdoppelt.
BONN Zum Ende der Telefon-pressekonferenz gibt sich Post-finanzvorstand Melanie Kreis fröhlich. „Hätte mir jemand Anfang April gesagt, dass das bis Ende Juni laufende Quartal so gut läuft, hätte ich ungläubig mit dem Kopf geschüttelt.“
Tatsächlich hat der Bonner Konzern die Corona-krise besser überstanden als die meisten großen Unternehmen in Deutschland. Der Umsatz im Quartal stieg um 3,1 Prozent auf 16,0 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis erhöhte sich um 18,6 Prozent auf 912 Millionen Euro hoch. Vier der fünf Sparten steigerten den Gewinn deutlich, einen operativen Geschäft gab es nirgendwo.
Die deutsche Brief- und Paketsparte schlug sich beeindruckend: Der Umsatz stieg trotz großer Schwächen beim Geschäft mit Werbesendungen um sieben Prozent auf knapp 3,9 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis sprang um fast 50 Prozent auf 264 Millionen Euro nach oben, auch weil die Kosten deutlich gesenkt worden waren. Der seit Jahren anhaltende Trend zu höheren Paketmengen beschleunigte sich: Die Zahl der verteilten Pakete kletterte um 21,4 Prozent auf 403 Millionen hoch, der Umsatz mit Paketen stieg wegen Preiserhöhungen um 28,1 Prozent. „Die Kolleginnen und Kollegen haben einen tollen Job gemacht, die Paketflut zu bewältigen“, sagte Kreis. Es sei zu beobachten, dass die verschickten Pakete von vielen Unternehmen und Branchen kämen. Das ist gut für die Post, um sich von Amazon als wichtigstem Kunden zu emanzipieren. Kreis rechnet damit, dass das Weihnachtsgeschäft noch stärker anzieht: „Das wird eine große Herausforderung.“Rund 15.000 Mitarbeiter sollen eingestellt werden.
Wegen der guten Zahlen stieg der Aktienkurs am Mittwoch um rund drei Prozent. Der Kurs liegt jetzt bei fast 37 Euro. Anfang April war die Aktie zwischenzeitlich auf 19,10 Euro abgestürzt, hat sich seitdem also fast verdoppelt.
Der Vorstand fühlt sich so sicher, dass er seine Prognose für 2020 bestätigte. Beim operativen Ergebnis will der Konzern zwischen 3,5 Milliarden und 3,8 Milliarden Euro landen. Kreis deutete an, es könne gut sein, dass die Zahlen eher am oberen Ende der Prognose landeten.
Die rund 550.000 Mitarbeiter sollen für ihren Einsatz in der Pandemie mit einem Bonus von 300 Euro pro Kopf belohnt werden.
Die Finanzchefin sagte, der Konzern stünde bereit, einen Impfstoff gegen Corona global zu verteilen. „Wir haben eine hohe Expertise bei Logistik für die Medizin. Wir sind einzigartig positioniert, um die Kühlkette einzuhalten.“
Dabei profitiert der globale Logistiker speziell davon, dass das Geschäft in Asien wieder deutlich besser läuft. Im Frachtgeschäft ging zwar die Menge der transportierten
Waren zurück, doch die steigenden Preise bei der Luftfracht machen dies mehr als wett.
Kreis berichtete, das Anmieten eines Frachtjets für einen Flug zwischen den Vereinigten Staaten und Asien habe früher rund 400.000 Dollar gekostet, jetzt seien manchmal 1,6 Millionen Dollar fällig. Und weil die Post eine der größten Frachtflotten der Welt hat, profitiert sie von den steigenden Transporttarifen, seit nur noch wenige Passagierjets zwischen den Kontinenten fliegen und Fracht im Gepäckraum mitnehmen.
Wie stabil die Post aufgestellt ist, zeigten zwei weitere Details: Vorstandschef Frank Appel blieb dem Termin fern, weil er Urlaub macht. Kreis berichtete, der Konzern entwerfe eine Strategie, um Home-office und Büroarbeit besser zu verzahnen. „100.000 Kollegen gingen wegen Corona ins Homeoffice, nun kehren viele zurück. Wir sind insgesamt optimistisch.“