Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Zahlen zur Prostitution – hohe Dunkelziffer im Rotlichtmilieu
Erstmals liegen Daten zur Zahl der angemeldeten Prostituierten im Land vor. Im Kreis Wesel sind 172 Frauen in dem Gewerbe tätig.
DINSLAKEN/KREIS WESEL Regelmäßig legt das Statistische Landesamt diverse Statistiken vor. Erstmals hat die Behörde auch Datenmaterial zum Rotlichtmilieu in Nordrhein-westfalen zusammengestellt. In der Tabelle sind die angemeldeten Prostituierten im Land erfasst. 9472 sind es insgsamt, 172 sind es im Kreis Wesel.
Die Region liegt damit was das Sexgewerbe angeht im Mittelfeld. In Dinslakens Nachbarstadt Duisburg sind mit 703 bei weitem mehr Frauen in der Branche tätig. In Münster ist die Situation mit der hiesigen noch vergleichbar. Einsamer Spitzenreiter im Land ist Köln mit mehr als 1600 Prostituierten, im Oberbergischen Kreis hingegen sind nur sieben Prostituierte gemeldet.
Vergleichsdaten zu früheren Jahren gibt es nicht. Denn erst seit der Einführung des Prostituiertenschutzgesetzes im Jahr 2017 gibt es die Pflicht für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, sich beim Gesundheitsamt anzumelden. Daher ist jetzt auch bekannt, dass 130 der betroffenen Frauen im Kreis Wesel zwischen 21 und 45 Jahre alt sind. 30 sind jünger und zwölf älter.
27 Prostituierte haben die deutsche Staatsangehörigkeit, 145 kommen aus anderen Ländern. Welche das sind, schlüsselt die Statistik nicht auf. Landesweit hatten in NRW von den 7270 gemeldeten ausländischen Prostituierten die meisten eine rumänische (48 Prozent) oder bulgarische Staatsangehörigkeit (16,5 Prozent).
Die Frage, wie viele Prostituierte in einzelnen Kommunen tätig sind, bleibt offen. Eine Anmeldung ist nämlich nur beim Kreis nötig, und der schlüsselt die Daten nicht weiter auf. „Prostituierte wechseln regelmäßig die Kommune, in der sie arbeiten – sowohl innerhalb als auch außerhalb des Kreises Wesels. Daher ist ihr Arbeitsort flexibel und kann keiner einzelnen Kommune zugeordnet werden“, erläutert Max Holtschlag, stellvertretender Pressesprecher des Kreises Wesel.
Prostituierte würden sich im Kreis Wesel lediglich anmelden, um ihre „Haupttätigkeit“auszuüben. Aufgabe des Kreises sei es, Prostituierte gesundheitlich sowie sozialwirtschaftlich – bei Steuern oder Gewerbe – zu beraten.
Somit hat auch die Stadt Dinslaken keine genauen Daten zur Zahl der Sexarbeiterinnen. Pressesprecher Marcel Sturm erläutert, dass aus der Vergangenheit vor Übergabe der Zuständigkeit zwei einschlägige Unternehmen bekannt seien. „Die beiden Betriebe sind aufgrund der Bestimmungen der Coronoa-schutzverordnung derzeit geschlossen.“Von Problemen mit den Etablissements sei nichts bekannt.
Experten wie Rene Pieper vom Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) gehen von einer hohen Dunkelziffer im Gewerbe aus. Der SKF betreut im Auftrag der Kirche Prostituierte, Pieper gehört zur Stelle in Köln, wo die meisten Sexarbeiterinnen gemeldet sind. Das neue Gesetz helfe den Frauen nicht, sondern erhöhe eher die Dunkelziffer, sagt er. Eine Hilfe zum Ausstieg seien Anmeldung und Zwangsuntersuchung auch nicht. Sinnvoller wäre aus seiner Sicht, die Beratungsangebote aufzustocken.