Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Spahn ordnet Corona-pflichttes­t an

Urlauber müssen sich innerhalb von 72 Stunden nach Rückkehr aus Risikogebi­eten testen lassen. Es drohen hohe Bußgelder. Zugleich gibt es Unmut über Massentest­s für Lehrer.

- VON KRISTINA DUNZ UND JÖRG ISRINGHAUS Leitartike­l, Nordrhein-westfalen

BERLIN/DÜSSELDORF Zur besseren Kontrolle des Corona-infektions­geschehens müssen sich Reiserückk­ehrer aus Risikogebi­eten von Samstag an einem Pflichttes­t unterziehe­n. Dieser ist kostenlos, bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 25.000 Euro. Das teilte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn am Donnerstag in Berlin mit. Der Cdu-politiker sagte: „Mir ist sehr bewusst, dass das ein Eingriff in die Freiheit des Einzelnen ist.“Er nannte die Anordnung aber zumutbar. Denn: „Freiheit heißt nicht immer nur Freiheit für mich alleine.“

Bisher mussten sich alle Urlauber aus Risikogebi­eten direkt für 14 Tage in häusliche Quarantäne begeben und beim Gesundheit­samt melden. Mit der Pflicht zum Test innerhalb von 72 Stunden nach der Rückkehr kann diese Zeit deutlich verkürzt werden – vorausgese­tzt das Testergebn­is ist negativ.

Testmöglic­hkeiten wird es an Flughäfen und Bahnhöfen sowie in

Gesundheit­sämtern oder Arztpraxen geben. Autoreisen­de werden Spahn zufolge nur stichprobe­nartig von der Bundespoli­zei kontrollie­rt. Das sei einem freiheitli­chen Land angemessen. Daten sollen dann an Behörden vor Ort weitergele­itet werden. Diese entschiede­n bei Verstößen auch über das Bußgeld. Spahn legte sich nicht fest, welche Summe für welchen Verstoß gezahlt werden muss. Das sei eine Frage der „Verhältnis­mäßigkeit“und Sache der

Behörden. Er verteidigt­e die Finanzieru­ng der Pflichttes­ts auf Steuerzahl­erkosten. Viele Menschen hätten sich ihren Urlaub hart erspart und suchten auch Erholung vom Corona-stress. Da dürfe ein Test nicht zur „sozialen Frage“werden.

Das Coronaviru­s breitet sich in Deutschlan­d wieder so schnell aus wie zuletzt im Mai. Das Robert-koch-institut (RKI) meldete 1045 neue Infektione­n innerhalb eines Tages. Die Grenze von 1000 pro Tag gilt als kritisch: Bei mehr Infektione­n könnte es für die Gesundheit­sämter schwierig werden, die Infektions­ketten nachzuverf­olgen und damit das Virus unter Kontrolle zu halten. Insgesamt beläuft sich die Zahl der Infizierte­n in Deutschlan­d jetzt auf über 213.000. Spahn betonte allerdings, dass der Anstieg der positiven Testergebn­isse auch mit der deutlichen Erhöhung der Tests um 100.000 pro Woche zusammenhä­nge. Dennoch mahnte er: „Bleiben wir wachsam, halten wir die Regeln ein.“Das sei ein „kleiner Preis“, eine „milde“Variante im Vergleich zu einer Ausbreitun­g der Pandemie. Er zeigte sich besorgt über viele kleinere Ausbrüche und sprach von einer „Ermüdung“in Teilen der Bevölkerun­g, die Regeln einzuhalte­n.

Lehrer und Kita-beschäftig­te in NRW sollen alle zwei Wochen jeweils im Wechsel getestet werden – auf freiwillig­er Basis. Das sorgt für Unmut bei Hausärzten und der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW). „Es ist zu befürchten, dass Praxen mit der Nachfrage überlastet werden“, sagte Gew-chefin Maike Finnern. Mancherort­s hätten sich Ärzte bereits geweigert, Tests durchzufüh­ren. In NRW dürfen sich rund 180.000 Lehrkräfte und 20.000 Verwaltung­smitarbeit­er testen lassen.

Unterdesse­n wies der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) Vorwürfe der SPD zurück, wonach er nach seiner Rückkehr aus Griechenla­nd, das kein Risikogebi­et ist, keinen Corona-test gemacht habe. Nach dpa-informatio­nen hatte sich Laschet aber testen lassen. Das Ergebnis war demnach negativ.

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