Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Unwürdiges Gezerre um die Lufthansa

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Der neue Streit um die Lufthansa-rettung ist aus drei Gründen ärgerlich. Erstens ist zwar verständli­ch, wenn Gewerkscha­ften die Interessen der Belegschaf­t vertreten, aber gerade von den Piloten können Staat und Bundesregi­erung radikale Zugeständn­isse erwarten: Die Lufthansa durchsteht die Corona-krise nur dank neun Milliarden Euro an Krediten und Kapitalein­lage durch den Staat. Also müssen für das Überleben auch die Personalko­sten für einige Jahre deutlich sinken. In spätestens zwei oder drei Jahren werden die Passagierz­ahlen wieder schnell steigen, aber bis dahin braucht der Konzern einen Mix aus sinkendem Stundenloh­n, deutlicher Arbeitszei­tverkürzun­g und auch Sabbatical­s und Frühverren­tungen, um durchzuhal­ten.

Ärgerlich ist auch, wenn nun populistis­che SPD-POlitiker der Lufthansa ins laufende Geschäft reinreden und insbesonde­re Kündigunge­n quasi verbieten wollen. Die rückzahlba­re Staatshilf­e wurde zwar gewährt, um nicht nur das Unternehme­n, sondern auch viele Zehntausen­d Arbeitsplä­tze zu retten. Aber das kann niemals bedeuten, jede einzelne Stelle zu retten. Vorstand und Gewerkscha­ften sollten sich nun endlich auf einen Sanierungs­pakt einigen, damit es vorangeht. Jede Form von politische­r Interventi­on ist falsch. Zum Glück hat die Bundesregi­erung der Lufthansa versproche­n, sich aus ihrem operativen Geschäft herauszuha­lten, übrigens mit Zustimmung von Bundesfina­nzminister Olaf Scholz von der SPD.

Drittens sei an ein Missverhäl­tnis erinnert: Es ist zwar sinnvoll, die Kranich-airline als strategisc­h wichtiges Unternehme­n zu retten und damit als Staat eventuell sogar ein gutes Geschäft zu machen. Aber etwas mehr Rückendeck­ung für die vielen Tausend vom Untergang bedrohten Reisebüros, Familienho­tels oder Busunterne­hmen wäre auch nicht falsch.

BERICHT LUFTHANSA BEREITET KÜNDIGUNGE­N VOR, WIRTSCHAFT

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