Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Übergrößen-händler Navabi in Schwierigkeiten
NIEDERZIER Als das Start-up Navabi im vergangenen Jahr den Einstieg von Seven Ventures bekanntgab, schien es, als könnte sich Geschichte wiederholen. Immerhin hatte auch der Online-modehändler Zalando vor einigen Jahren massiv von der Kooperation mit der Tochter des Medienkonzerns ProsiebenSat.1 profitiert. Werbezeit gegen Firmenanteile – so lautete der Deal bei Zalando wie bei dem auf Übergrößen spezialisierten Online-händler Navabi. „Mit dem Deal schaffen wir eine gewaltige Tv-präsenz und können unsere Markenbekanntheit massiv ausbauen“, freute sich Navabi-gründer Bahman Nedaei damals.
Ein Jahr später hat das Coronavirus alles verändert. Bereits Ende Juni musste Start-up beim Amtsgericht Aachen ein Sanierungsverfahren einleiten. Nachdem der Umsatz in der Krise um bis zu 70 Prozent eingebrochen war, drohte dem Unternehmen die Zahlungsunfähigkeit. Gemeinsam mit der Sachwalterin, der Rechtsanwältin Nada Nasser, wollen die beiden Gründer Bahman Nedaei und Zahir Dehnadi nun Lösungen finden, um das Geschäft zu retten.
Navabi wurde 2008 von Nedaei und Zahir Dehnadi in Aachen gegründet und aufgebaut. Anfang 2020 war man mit dem Unternehmen nach Köln gezogen, hatte den Hauptsitz aber bereits wenige Wochen später nach Niederzier im Kreis Düren verlegt. Dort hatte man bereits vorher ein Logistikzentrum betrieben. Ein Vorteil ist der niedrigere Gewerbesteuer-hebesatz, den die Stadt im Vergleich zu Köln erhebt.
Der Online-händler ist auf Übergrößen spezialisiert und in diesem Segment zu einem führenden Anbieter in Europa aufgestiegen. Investoren hatten seit der Gründung mehr als 30 Millionen Euro in das Start-up investiert. Mit dem Geld hatte Navabi in den vergangenen Jahren auf Wachstum gesetzt und dabei Verluste in Kauf genommen. Allein 2018 gab es ein Minus von rund fünf Millionen Euro.
Um die Profitabilität zu steigern, setzt das Management seit einigen Jahren auf Eigenmarken, da man an diesen deutlich mehr verdiente als am Verkauf von Artikeln anderer Hersteller. Gleichzeitig wurde zuletzt bereits die Mitarbeiterzahl reduziert. 2018 beschäftigte man laut Angaben im Bundesanzeiger noch 154 Arbeitskräfte, wovon knapp 20 als Aushilfen beschäftigt waren. Aktuell liegt die Zahl der Mitarbeiter nach Angaben eines Sprechers bei 130 Mitarbeiter.
Die Coronakrise hat die Wirtschaft hart getroffen – viele Online-anbieter galten jedoch als Gewinner der Krise. Allein Zalando konnte während des zweiten Quartals mehr als drei Millionen neue Kunden gewinnen. Umsatz- und Gewinnprognose für das Gesamtjahr wurden angehoben. Navabi profitierte hingegen offensichtlich nicht genug von den coronabedingten Schließungen stationärer Händler. Stattdessen schienen viele Kunden generell auf Käufe zu verzichten. Die Übergrößen-kundinnen, heißt es bei Navabi, zählten teils schon zur Risikogruppe und seien offenbar derart verunsichert gewesen, dass ihnen die Lust auf Mode vergangen sei.