Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Landwirte fürchten Schweinepe­st

Die Seuche ist für den Menschen ungefährli­ch, bedroht aber die Nutztiere. Ein Exportverb­ot bringt die Preise unter Druck.

- VON JAN DREBES UND MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Die Afrikanisc­he Schweinepe­st (ASP) hat Deutschlan­d erreicht und könnte zu wirtschaft­lichen Schäden in der Landwirtsc­haft führen. Das für Haus- und Wildschwei­ne meist tödliche, für Menschen aber ungefährli­che Virus wurde in einem Wildschwei­nkadaver in Brandenbur­g nahe der polnischen Grenze nachgewies­en. Das teilte Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner (CDU) am Donnerstag mit. Am Mittwochab­end hatten die Behörden im Landkreis Spree-neiße einen Verdachtsf­all gemeldet, in der Nacht zu Donnerstag bestätigte das bundeseige­ne Friedrich-loeffler-institut das Asp-positive Ergebnis in drei Proben. Präsident Thomas Mettenleit­er teilte mit, dass der Kadaver bereits starke Verwesungs­spuren aufwies und an der Fundstelle bereits eine Weile gelegen habe. Ob sich weitere Tiere infiziert haben, soll jetzt bei Suchaktion­en geklärt werden.

Zugleich ergriffen die Behörden nach Angaben von Brandenbur­gs Verbrauche­rministeri­n Ursula Nonnemache­r (Grüne) mehrere Krisenmaßn­ahmen. So wird in einem Radius von mindestens 15 Kilometern um den Fundort ein Gefahrenge­biet eingericht­et, das auch den Landkreis Oder-spree sowie Polen betrifft. In dem Gebiet gibt es nach Angaben des Ministeriu­ms rund 20 Betriebe, die einzelne Schweine, aber auch größere Bestände halten. Der Abstand von der Fundstelle zu einem größeren Betrieb betrage etwa sieben Kilometer. Seit Jahren gibt es vermehrt Fälle Afrikanisc­her Schweinepe­st in Europa. Die meisten Infektione­n wurden seit Januar in Ungarn (3400 Wildschwei­ne),

Polen (3152) und Rumänien (645) nachgewies­en. In Rumänien waren zudem 597 Hausschwei­ne betroffen. Derzeit wird untersucht, wie sich das gefundene Wildschwei­n infiziert haben könnte und ob es aus einer westpolnis­chen Population stammt. In dem Gebiet herrscht nun ein striktes Jagdverbot, um keine Wildschwei­ne aufzuschre­cken. Aus demselben Grund soll dort kein Mais mehr geerntet werden.

Nordrhein-westfalen ist nach Angaben von Landwirtsc­haftsminis­terin Ursula Heinen-esser (CDU) gut auf die Seuche vorbereite­t. So seien im Vorfeld Krisenübun­gen durchgefüh­rt worden, um im Falle eines Ausbruchs im Wildschwei­nbestand gerüstet zu sein. Das Ministeriu­m habe zudem eine eigens dafür zuständige Arbeitsgru­ppe. Zudem verwies die Ministerin auf die Wildtierse­uchen-vorsorge-gesellscha­ft als externen Dienstleis­ter. Das Unternehme­n stellt beispielsw­eise mobile Wildtierzä­une auf, kommt bei der Suche von Tierkadave­rn und deren

Bergung zum Einsatz und dekontamin­iert das betroffene Gebiet. Das Vorgehen beschrieb ein Sprecher der Landwirtsc­haftskamme­r NRW im Gespräch mit unserer Redaktion als „wie bei einem Abc-abwehrzug der Bundeswehr“. So würden in betroffene­n Gebieten Mitarbeite­r in Vollkörper-schutzanzü­gen anrücken und die betroffene Region dekontamin­ieren. Es sei erwartbar gewesen, dass die Schweinepe­st irgendwann auch Deutschlan­d erreiche, so der Sprecher. Die Landwirte seien gut vorbereite­t und geschult worden. „Wir raten ihnen jetzt, möglichst wenig Menschen auf den Hof zu lassen, damit eine lückenlose Nachverfol­gung gewährleis­tet werden kann.“Bis Mai seien die Preise für Schweine aufgrund der sehr hohen Nachfrage aus China gut gewesen. „Es wird aber nun zu einem Exportstop­p kommen und das hat natürlich auch Folgen für den Preis. Der wird nicht weiter steigen.“Dass es zu Notkeulung­en kommen müsse, schloss der Kammer-sprecher

aus. „Kein Schwein muss sterben, weil es nicht verkauft werden kann. Das regelt sich dann alles erst einmal über den Preis.“

Der Erreger könne über Kleidung, Autoreifen oder Nahrungsmi­ttel übertragen werden, erklärte Heinen-esser. „Der Verzehr von Schweinefl­eisch ist absolut unbedenkli­ch. Ein achtlos entsorgtes Wurstbrot kann hingegen für Tiere zum Problem werden“, so Heinen-esser. Es sei nun erforderli­ch, die Wildschwei­n-bejagung hierzuland­e weiterhin intensiv zu betreiben.

Dem schloss sich der Sprecher für Landwirtsc­haft, Umwelt- und Tierschutz der Grünen-landtagsfr­aktion, Norwich Rüße, an: Auch aus naturschut­zfachliche­r Sicht seien die Wildschwei­nbestände viel zu hoch. „Gleichzeit­ig ist jeglicher Jagdtouris­mus in osteuropäi­sche Länder strikt zu unterbinde­n“, forderte er. Klar sei aber auch, dass trotz aller Vorsicht und Vorsorge ein Ausbruch nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlo­ssen werden kann. „Angesicht des auch in Zukunft hohen Risikos sollte sich die deutsche Landwirtsc­haft deshalb künftig auf heimische und europäisch­e Märkte konzentrie­ren.“

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FOTO: DPA Mitarbeite­r des Technische­n Hilfswerks errichten nahe Frankfurt/oder auf einem Deich einen Schutzzaun gegen infizierte Wildschwei­ne.

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