Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Wird Afd-politiker ausgebremst?
Gegen die Besetzung des Vorsitzes im Wirecard-ausschuss regt sich Widerstand.
BERLIN Wenn nun alles reibungslos durch die Gremien läuft, kann der Bundestag im Oktober mit der Aufklärung des Wirecard-skandals beginnen. FDP, Linke und Grüne stellten am Donnerstag die Fragenkomplexe vor, die die Opposition geklärt wissen will. Die Konstituierung eines Untersuchungsausschusses und die Wahl eines Vorsitzenden sind gewöhnlich Routine. Dieses Mal nicht. Denn nach der Geschäftsordnung ist die AFD an der Reihe. Die hat den Niederrhein-abgeordneten Kay Gottschalk dafür nominiert. Doch andere stellen sich quer.
„Ich werde keinen Ausschussvorsitzenden unterstützen, der unsere Ermittlungen gefährdet“, kündigte Linken-fraktionsvize Fabio de Masi an. Seine Argumentation knüpft an Gottschalks Sympathie zur österreichischen FPÖ an, verweist auf enge Beziehungen zur FPÖ durch den derzeit flüchtigen Wirecard-manager Jan Marsalek und mündet in die Forderung, dass sensible Informationen aus dem Ausschuss nicht in die Hände von Kriminellen gelangen dürften.
Für Gottschalk ist das konstruiert und armselig. Es sei „enttäuschend, dass Herr de Masi sich auf solch ein Niveau herablässt“, sagte Gottschalk. „Natürlich mag ich die FPÖ“, erklärte der Afd-abgeordnete. Aber „in keiner Situation“werde er Informationen aus dem Ausschuss an Fpö-politiker weitergeben.
Offiziell halten sich die anderen Fraktionen zurück. Zunächst seien Geschäftsordnungsausschuss und Ältestenrat gefragt. Fdp-finanzexperte Florian Toncar ist jedenfalls sauer. Es sei bezeichnend, dass drei Fraktionen zwei Monate lang mit aller Kraft an der Materie gearbeitet hätten, die AFD kaum mit Beiträgen in Erscheinung getreten sei, jetzt aber „lautstark einen Posten für sich reklamiert“.
In den Fluren des Parlaments wird gewispert, dass ein Ausschuss auch ohne Vorsitz ganz gut funktioniere, solange es einen Stellvertreter gebe. So läuft der Rechtsausschuss, seit die Mitglieder den Afd-politiker Stephan Brandner im November abberiefen, weil er „fehlende Bereitschaft zur Mäßigung“gezeigt habe. Im Wirecard-ausschuss würde dann ein Unionspolitiker als Vizevorsitzender übernehmen. Manche finden das bei der Aufklärung von Regierungs-fehlverhalten ungünstig.
An diesem Donnerstag lehnte der Bundestag jedenfalls die Wahl von vier Afd-abgeordneten in diverse Kontrollgremien ab. Die Nominierten traten zum Teil bereits zum 16. Mal vergeblich an. Auch 15 Versuche, einen Afd-politiker zum Vizepräsidenten zu wählen, sind gescheitert.