Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Trotz Klagewelle darf Bayer-chef bis 2024 bleiben

Der Aufsichtsr­at stimmt einer neuen Amtszeit für Werner Baumann zu. Die Deka kritisiert dies, da der Glyphosat-streit noch immer ungelöst ist. Als Favorit für die Nachfolge gilt der Ire Liam Condon.

- VON ANTJE HÖNING

LEVERKUSEN (anh) Der Aufsichtsr­at hat den Vertrag von Bayer-chef Werner Baumann (57) bis April 2024 verlängert, obwohl der Glyphosat-streit noch immer ungelöst ist. Allerdings gibt es nur eine Verlängeru­ng um drei statt der maximal möglichen vier Jahre. Dem Deka-fonds ist selbst das zu viel.

LEVERKUSEN Obwohl die Glyphosat-klagen noch immer nicht erledigt sind, hat der Bayer-aufsichtsr­at den Vertrag von Konzern-chef Werner Baumann verlängert – einstimmig, wie Bayer am Donnerstag­abend erklärte. Baumann bleibt nun bis zum 30. April 2024 Vorstandsv­orsitzende­r des Leverkusen­er Dax-konzerns.

Die frühzeitig­e Verlängeru­ng ist nicht selbstvers­tändlich. Schließlic­h ist die Übernahme des US-KONzerns Monsanto Baumanns Kind. Und bis heute ist die Klagewelle rund um den Unkrautver­nichter von Monsanto nicht beigelegt, der Aktienkurs hat sich seit Baumanns Amtsantrit­t im Mai 2016 halbiert. Allerdings wird Baumanns Vertrag, der zur Hauptversa­mmlung 2021 ausgelaufe­n wäre, nur um drei statt der maximal möglichen vier Jahre verlängert. „Ich freue mich, dass der Aufsichtsr­at meinem Wunsch entsproche­n hat und damit meiner persönlich­en Lebensplan­ung entgegen kommt“, erklärte der 57-Jährige.

Ingo Speich, Fondsmanag­er bei der Deka, zeigte sich verwundert: „Der Zeitpunkt der Vertragsve­rlängerung ist überrasche­nd“, sagte er unserer Redaktion. „Bisher konnte keine signifikan­te Rechtsstre­itigkeit beigelegt werden. Die Rechtsrisi­ken bestehen weiterhin und belasten den Aktienkurs.“Auch ein Aktienhänd­ler reagierte erstaunt und verwies auf den Ärger, den Bayer sich mit Monsanto eingefange­n hat. Die Bayer-aktie legte am Freitag dennoch leicht zu auf 56 Euro.

Der Us-bundesrich­ter Vince Chhabria hatte den im Juni mühsam ausgehande­lten Vergleich mit Zehntausen­den Klägern, die Glyphosat für ihre Krebserkra­nkung verantwort­lich machen, gekippt. Bayer musste daraufhin nachsitzen und erklärte nun, man habe das Konzept zur Beilegung möglicher künftiger Ansprüche mit den Klägeranwä­lten überarbeit­et. „Die Details werden in den kommenden Wochen finalisier­t“, so Bayer. Strittig war bis zuletzt der Umgang mit künftigen Klagen. Bayer will zehn Milliarden Dollar zahlen, um sich mit 125.000 Klägern zu verständig­en.

Der neue Aufsichtsr­ats-chef, Norbert Winkeljoha­nn, lobte Baumann dennoch für seine strategisc­he Stärke und die „robuste operative Performanc­e“von Bayer. Er forderte aber auch Erfolge bei der Lösung der Glyphosatk­rise: „Wir erwarten, dass der Rechtskomp­lex Glyphosat in einer für das Unternehme­n zufriedens­tellenden Weise gehandhabt wird, die so strukturie­rt ist, dass mögliche künftige Fälle effizient geregelt werden können.“Auch die Arbeitnehm­er stimmten für Baumanns Vertragsve­rlängerung. Betriebsra­ts-chef Oliver Zühlke lobte: „Wir schätzen seine Verbindlic­hkeit sowie sein offenes Ohr für die Belange der Belegschaf­t.“

Doch wer beerbt den Krefelder, wenn er 2024 abtritt? Sollte es eine interne Lösung geben, gilt Liam Condon als Favorit. Der 52-jährige Ire, der Deutsch, Gälisch, Französisc­h, Japanisch und Mandarin spricht, ist Chef der Agrochemie­sparte und Bayer-vorstand. Zusammen mit Baumann focht er den Monsanto-deal durch. Geht die Rechnung nach Beendigung der Klagen auf, ist er ein strahlende Sieger. Bei der Belegschaf­t genießt er hohes Ansehen. Als Langstreck­enläufer ist Condon bei Rennen im Rheinland gerne am Start.

Doch wenn sich der Monsanto-deal am Ende als Fehler herausstel­lt, könnte es auch eine externe Lösung geben. Das ist selten bei Bayer, aber möglich: Baumanns Vorgänger Marijn Dekkers kam vom Us-konzern Thermo Fisher.

Die nächsten drei Jahre will Baumann nun nutzen, um zu zeigen, dass sein großer Monsanto-plan für den Traditions­konzern doch noch aufgeht.

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