Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
„Staatseinstieg bei Thyssenkrupp“
Die IG Metall fordert mehr Hilfe in der Krise und beim Umbau auf Wasserstoff.
ESSEN Die IG Metall sorgt sich um die Stahlindustrie. „Nordrhein-westfalen ist ohne Stahl nicht denkbar, Thyssenkrupp ist systemrelevant“, sagte Knut Giesler, Bezirksleiter der Gewerkschaft, vor Journalisten. In der Stahlsparte seien 27.000 Mitarbeiter beschäftigt, hinzu kämen die Zulieferer, insgesamt gehe es um 100.000 Beschäftigte. Daher müsse der Staat Verantwortung übernehmen: „Wenn er bei der Lufthansa einsteigt, ist auch Thyssenkrupp ein Kandidat für den Staatseinstieg“, so Giesler. VW zeige, dass dies kein Nachteil sei.
„Jedes Stahlunternehmen hat wegen der Corona-krise gigantische Mittelabflüssse“, warnte Jürgen Kerner, Ig-metall-vorstand und Vize-chef des Aufsichtsrates von Thyssenkrupp. „Die Politik muss das sehr genau beobachten“, mahnte Giesler. Wenn Konzernchefin Martina Merz sage, dass es keine Denkverbote im Stahl gebe, so dürfe es auch bei der Politik keine Denkverbote geben.
Auch die Umrüstung auf grünen Stahl setzt die Branche unter Druck. Grüner Stahl heißt: Dem Eisenerz im Hochofen wird Wasserstoff statt der klimaschädlichen Kokskohle als Reduktionsmittel zugesetzt. Wird der Wasserstoff mit Ökostrom erzeugt, ist das klimaneutral. Die IG Metall fordert mehr Schwung für die nationale Wasserstoff-strategie, die Stahlkonzerne sollten zusammenarbeiten und Eitelkeiten überwinden. Salzgitter will aber mit dem Ruhrkonzern nichts zu tun haben.
Die Umrüstung kostet: Grüner Stahl ist 20 Prozent teurer als herkömmlich erzeugter. „Wir brauchen staatliche Technologie- und Absatzförderung“, forderte Kerner. In die Hüttenwerke müssten bis 2050 für die Umstellung auf Wasserstoff 30 Milliarden Euro investiert werden. Für alle Branchen käme man auf einen dreistelligen Milliarden-betrag. Die IG Metall kritisiert das mangelhafte Engagement von Bund und Land. „Ich würde mir von Armin Laschet weniger Ankündigungen, sondern mehr Machen wünschen“, sagte Giesler. „Es fehlt die ordnende Hand, Altmaier müsste das übernehmen“, so Kerner mit Blick auf den Bundeswirtschaftsminister.