Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Bei Bonita droht Massenentlassung
Mehr als zehn Prozent der gut 230 Mitarbeiter am Zentralstandort Hamminkeln könnten bei dem angeschlagenen Modeunternehmen ihren Job verlieren. Die Belegschaft wurde bei einer Online-betriebsversammlung informiert.
HAMMINKELN Bei Bonita im Hamminkelner Gewerbegebiet Kesseldorfer Rott ist die Stimmung unter den Mitarbeitern angespannt. Denn während einer digitalen Betriebsversammlung wurden sie am Donnerstag von der Geschäftsführung darüber informiert, dass massive Einsparungen nötig seien, um Bonita überlebensfähig zu machen.
In Dokumenten, die unsere Redaktion einsehen konnte, heißt es unter anderem, dass die Personalkosten an die reduzierte Filialanzahl angepasst werden müsse. Auch die Ausgliederung von Tätigkeitsbereichen werde ins Auge gefasst. Ein umfangreicher Personalabbau sei unternehmensseitig geplant – in der Hauptstelle und in den Filialen.
Von den rund 235 (inklusive Außendienst) in Hamminkeln tätigen Mitarbeitern sollen demnach „deutlich mehr als zehn Prozent“eine Kündigung erhalten. Auf keinen Fall aber soll die Zahl der Mitarbeiter, die ihren Job verlieren, bei 100 liegen. Laut Paragraph 17 des Kündigungsschutzgesetzes würde es also demnächst bei Bonita zu einer sogenannten Massenentlassung kommen. Eine Massenentlassung liegt nämlich dann vor, wenn ein Unternehmen, das zwischen 60 und 499 Mitarbeiter beschäftigt, zehn Prozent oder mehr als 25 Mitarbeiter kündigt.
In den vergangenen drei Monaten hatte sich das wirtschaftlich angeschlagene Modeunternehmen wegen drohender Zahlungsunfähigkeit unter den gerichtlichen Rettungsschirm in Eigenverwaltung begeben und seinen vor zwei Jahren begonnenen Sanierungskurs fortgesetzt. Unter anderem waren zuletzt alle 700 Filialen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, in den Niederlanden und Belgien mit ihren mehr als 2000 Mitarbeitern auf den Prüfstand gestellt worden. Nur diejenigen, die profitabel arbeiten, sollen dauerhaft erhalten bleiben, hieß es Mitte des Jahres bei Bonita.
In den vergangenen Wochen haben die Mitarbeiter in der Hamminkelner Zentrale und in den Filialen Insolvenzgeld aufgrund des laufenden Schutzschirmverfahrens erhalten, das von der Bundesagentur für Arbeit drei Monate lang gewährt wird. Diese Frist ist mittlerweile abgelaufen. Nun muss Bonita die Gehälter wieder aus eigenen Mitteln zahlen.
Die Stimmung in der Belegschaft ist extrem angespannt. Niemand weiß, wer von dem geplanten Stellenabbau konkret betroffen sein könnte. Auch ältere und langjährige Mitarbeiter können sich nicht in Sicherheit wiegen. Aus insolvenzrechtlichen Gründen gelten die bestehenden Sozialpläne mit den bisherigen Abfindungsregelungen nicht mehr – Grund dafür ist das Schutzschirmverfahren. Das bedeutet: Es gibt nur noch eine dreimonatige Kündigungsfrist für alle Jobs.
Die Geschäftsführung, die in den vergangenen drei Monaten von drei Sanierungsexperten und einem Sachwalter unterstützt wurde, befindet sich aktuell in intensiven Verhandlungen mit dem Betriebsrat.
Auf Anfrage erklärte Geschäftsführer Karsten Oberheide unserer Redaktion am Freitagnachmittag schriftlich, dass man sich im Rahmen des Schutzschirmverfahrens unter anderem in intensiven Gesprächen mit den Vermietern befinde. „Darüber hinaus sind wir im engen und vertrauensvollen Dialog mit unseren Arbeitnehmervertretern. Ich bitte um Verständnis, dass wir bis zum Abschluss der Verhandlungen keine weiteren Aussagen treffen werden. Gerne informieren wir Sie, sobald relevante Entscheidungen gefällt sind“, schreib Oberheide.
Bei Bonita sind 2019 im Rahmen von Restrukturierungsmaßnahmen bereits Dutzende Arbeitsplätze weggefallen. Wobei sich das Unternehmen danach im Aufwind befunden hat.
Doch durch die Corona-krise musste das mittlerweile vor 51 Jahren gegründete Unternehmen eine mehrwöchige Durststrecke ohne Einnahmen verkraften. Die Verkaufszahlen nach Wiederöffnung der Geschäfte im Mai waren deutlich nach oben gegangen.