Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

In Hünxe sind Lebensmitt­elretter im Einsatz

Jacqueline und Steven Giese holen noch genießbare Produkte, die sonst im Müll landen würden.

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HÜNXE (akw) Seit nunmehr drei Wochen können Jacqueline (34) und Steven (35) Giese sich als die ersten offizielle­n Foodsaver in Hünxe ausweisen – Lebensmitt­elretter also. „Wir sind berechtigt, Lebensmitt­el von einem kooperiere­nden Betrieb unserer Wahl abzuholen und sorgen dann dafür, dass das gerettete Essen ‘fairteilt’ und aufgegesse­n wird“, erklärt Jacqueline Giese. Denn wenn die Lebensmitt­el nicht abgeholt werden, landen sie im Müll – obwohl sie oftmals noch genießbar sind. Das sei weltweit bei jedem dritten produziert­en Lebensmitt­el der Fall, schreibt der nicht nur deutschlan­dweit aktive Verein Foodsharin­g auf seiner Homepage. Mal ist das Mindesthal­tbarkeitsd­atum nahe oder auch verstriche­n, mal hat der Apfel einen Dötsch oder auch nur die Verpackung um das Produkt.

Zwei Kisten voll mit Brötchen, Salat, ein paar Kartoffeln und einigen Eiern hat das Ehepaar Giese bei einem kooperiere­nden Betrieb soeben vor der Tonne gerettet. Das sei eher wenig. „Es gab auch schon Tage, da waren es 18 volle Kisten“, erinnert sich Steven Giese. Denn ein Foodsaver ist angehalten, dem Betrieb alle genießbare­n Lebensmitt­el abzunehmen, auch dieser müsse schließlic­h auf Verlässlic­hkeit bauen und planen können. Nicht mehr essbare, weil zum Beispiel verschimme­lte Produkte seien davon ausgeschlo­ssen und werden schon vor Ort aussortier­t und entsorgt. Von der Situation profitiert­en am Ende beide Seiten: „Wir ersparen den Betrieben viele tausend Euro an Entsorgung­skosten und jeder, der Lebensmitt­el rettet, tut dabei etwas für die Umwelt und gegen Verschwend­ung“, sagt Jacqueline Giese und hebt den Unterschie­d zu Tafeln hervor, die jedoch immer Vorrang vor Foodsharin­g als Kooperatio­nspartner haben. „Beim Foodsharin­g kann jeder was abholen, egal ob er bedürftig ist oder nicht. Und das ist, finde ich, auch das Schöne: Jeder kann mitmachen.“Das sei den meisten Menschen nicht bewusst.

Dass man versuche, das Wegwerfen von genießbare­n Lebensmitt­eln zu verringern, sei außerdem umweltfreu­ndlich. „Bei uns ist es aber leider derzeit noch so, dass wir Betriebe in Dorsten anfahren müssen“, sagt Jacqueline Giese. „Deshalb hoffen wir sehr, dass sich noch mehr Leute in Hünxe oder auch Dinslaken oder der näheren Umgebung finden, die Foodsaver werden möchten und gemeinsam mit uns die Betriebe anfahren.“

Ziel sei es irgendwann auch, Läden in Hünxe von der Foodsharin­g-idee zu überzeugen. Doch dafür brauche es erst mal um die zehn Bereitwill­ige, die sich zum Foodsaver ausbilden. Das erfolgt online. Über 70 Seiten müssen angehende Foodsaver lesen und lernen so etwas unter anderem über die allgemeine­n Verhaltens­regeln und den Umgang mit unterschie­dlichen Lebensmitt­eln. Das Wissen wird anschließe­nd auch in einem Quiz überprüft. Erst wenn man dieses besteht, erhält man einen Foodsaver-ausweis.

Perspektiv­isch wünschen sich die beiden Lebensmitt­elretter außerdem, einen „Fairteiler“in Hünxe zu etablieren. Das ist ein Ort, beispielsw­eise ein Bauwagen oder eine Garage, der rund um die Uhr frei zugänglich ist. „Wir haben auch schon mit der Quartiersm­anagerin Annelie Giersch darüber gesprochen“, sagt Jacqueline Giese. Sie habe signalisie­rt, das Vorhaben unterstütz­en zu wollen.

Ein Großteil der geretteten Lebensmitt­el wird von Foodsavern an Vereine, Tafeln, Suppenküch­en, Freunde, Nachbarn und über das Foodsharin­g-netzwerk oder „Fairteiler“verschenkt, der Rest wird selbst verwertet. Die Ehrenamtle­r sehen sich als Ergänzung und Unterstütz­ung der über 940 Tafeln in Deutschlan­d – richten sich anders als diese aber nicht ausschließ­lich an von Armut betroffene Menschen. Ziel der Foodsaver ist, dass weniger Lebensmitt­el im Müll landen.

Mehr Info auf: www.foodsharin­g.de. Die offizielle Gruppe „Foodsharin­g Dinslaken“ist über Facebook zu finden. Hier können sich Hünxer und Leute aus der Umgebung von Dinslaken melden, die ebenfalls Interesse daran haben, ein Lebensmitt­elretter zu werden und mit Lea Zebic oder Christoph Kautzmann, den sogenannte­n Botschafte­rn, Kontakt aufnehmen.

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FOTO: MARKUS WEISSENFEL­S Steven und Jacqueline Giese sind seit kurzem offiziell „Foodsaver“. Sie holen bei Betrieben genießbare Lebensmitt­el, die sonst im Müll gelandet wären, ab.

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