Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Neue Phase im Krieg gegen Corona

- VON MORITZ DÖBLER

Seit mehr als einem halben Jahr steht die Welt im Bann der Pandemie. Zu Beginn wählten die politisch Verantwort­lichen eine besonders martialisc­he Rhetorik. Bundeskanz­lerin Angela Merkel sprach von der „größten Herausford­erung seit dem Zweiten Weltkrieg“, die Präsidente­n der USA und Frankreich­s von einem Krieg, der gewonnen werden müsse. Doch der Frontverla­uf, um im Bild zu bleiben, hat sich inzwischen entscheide­nd geändert. Am Anfang ging es darum, die Zunahme der Ansteckung­en zu bremsen. „Flatten the curve“war die Devise. Und Merkel mahnte stets, das Gesundheit­ssystem dürfe nicht überlastet werden. Die Kurve blieb flacher als in anderen Staaten, eine Überlastun­g blieb aus.

Jetzt nehmen die Infektions­zahlen in weiten Teilen Deutschlan­ds und auch im dicht besiedelte­n NRW zu. Hamm hat den Schwellenw­ert von 50 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen überschrit­ten, Gelsenkirc­hen steht kurz davor. In fast allen größeren Städten des Landes steigen die Zahlen. Dass Remscheid – so ähnlich wie München – das Tragen von Masken im Stadtgebie­t empfiehlt, ist richtig. Der Nutzen unter freiem Himmel mag begrenzt sein, aber Hygiene- und Abstandsre­geln wieder eindringli­ch ins Bewusstsei­n zu rufen, kann nicht falsch sein.

Noch zeigen sich die gestiegene­n Infektions­zahlen nicht in der Totenstati­stik oder der Auslastung der Intensivst­ationen. Wenn das die zweite Welle ist, wirkt sie anders als die erste. Deswegen ist auch anders zu reagieren, nämlich nicht mit einem Lockdown, sondern mit klugen, schnellen, beherzten Einzelmaßn­ahmen, bei denen vor allem die Städte und Gemeinden gefragt sind. Jetzt, in dieser neuen Phase der Pandemie, geht es gewisserma­ßen um eine asymmetris­che Kriegsführ­ung gegen das Virus, wenn man denn bei dieser zweifelhaf­ten Metapher bleiben will.

BERICHT STÄDTE VERSCHÄRFE­N CORONA-REGELN, TITELSEITE

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