Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Neue Phase im Krieg gegen Corona
Seit mehr als einem halben Jahr steht die Welt im Bann der Pandemie. Zu Beginn wählten die politisch Verantwortlichen eine besonders martialische Rhetorik. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von der „größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg“, die Präsidenten der USA und Frankreichs von einem Krieg, der gewonnen werden müsse. Doch der Frontverlauf, um im Bild zu bleiben, hat sich inzwischen entscheidend geändert. Am Anfang ging es darum, die Zunahme der Ansteckungen zu bremsen. „Flatten the curve“war die Devise. Und Merkel mahnte stets, das Gesundheitssystem dürfe nicht überlastet werden. Die Kurve blieb flacher als in anderen Staaten, eine Überlastung blieb aus.
Jetzt nehmen die Infektionszahlen in weiten Teilen Deutschlands und auch im dicht besiedelten NRW zu. Hamm hat den Schwellenwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen überschritten, Gelsenkirchen steht kurz davor. In fast allen größeren Städten des Landes steigen die Zahlen. Dass Remscheid – so ähnlich wie München – das Tragen von Masken im Stadtgebiet empfiehlt, ist richtig. Der Nutzen unter freiem Himmel mag begrenzt sein, aber Hygiene- und Abstandsregeln wieder eindringlich ins Bewusstsein zu rufen, kann nicht falsch sein.
Noch zeigen sich die gestiegenen Infektionszahlen nicht in der Totenstatistik oder der Auslastung der Intensivstationen. Wenn das die zweite Welle ist, wirkt sie anders als die erste. Deswegen ist auch anders zu reagieren, nämlich nicht mit einem Lockdown, sondern mit klugen, schnellen, beherzten Einzelmaßnahmen, bei denen vor allem die Städte und Gemeinden gefragt sind. Jetzt, in dieser neuen Phase der Pandemie, geht es gewissermaßen um eine asymmetrische Kriegsführung gegen das Virus, wenn man denn bei dieser zweifelhaften Metapher bleiben will.
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