Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Merz und die Schwulen-frage

Der Bewerber um den Cdu-vorsitz bekommt im Internet viel Gegenwind.

- EVA QUADBECK

Friedrich Merz hat mal wieder in den sozialen Netzwerken ein Tiefdruckg­ebiet ausgelöst. Auf die Frage, ob er Vorbehalte gegen einen schwulen Bundeskanz­ler hätte, antwortete er bei „Bild live“zunächst nur mit dem Wort „Nein“. Dabei hätte er es am besten belassen sollen. Auf Nachfrage des Moderators verstieg er sich dann auf den Satz: „Die sexuelle Orientieru­ng geht die Öffentlich­keit nichts an, solange sie sich im Rahmen der Gesetze bewegt und solange es nicht Kinder betrifft.“

Nachdem auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter eine Welle der Empörung losbrach, dass Merz in wenigen Sekunden die Assoziatio­nskette vom schwulen Kanzler zur Pädophilie knüpfte, ergänzte sein Sprecher die Aussage mit dem Hinweis: „Das gilt also für Heteros, Homos und alle anderen.“

Ja, möglicherw­eise hat es Merz tatsächlic­h nicht so gemeint und keine Verbindung von Homosexual­ität und Pädophilie herstellen wollen. Passiert ist es ihm trotzdem und das ist – höflich ausgedrück­t – unangemess­en.

Die Äußerung zur Homosexual­ität war nicht die einzige, die in diesem Interview Protest hervorrief. Der Bewerber um den Cdu-vorsitz erklärte mit Blick auf die besonderen Bedingunge­n in Corona-zeiten: „Wir müssen ein bisschen aufpassen, dass wir uns nicht alle daran gewöhnen, dass wir ohne Arbeit leben können.“

Vor dem Hintergrun­d, dass die Arbeitnehm­er nicht entscheide­n können, ob sie in Kurzarbeit gehen oder eben nicht und angesichts der vielen Selbststän­digen, die aktuell um ihre Existenz bangen, ist diese Aussage – um es noch einmal höflich auszudrück­en – unsensibel.

Nun kann man aus ökonomisch­er Perspektiv­e tatsächlic­h die Frage stellen, ob eine Verlängeru­ng des Kurzarbeit­ergeldes sinnvoll ist. Man sollte dies aber nicht auf dem Rücken jener austragen, die aufgrund der Corona-krise keine oder weniger Arbeit haben.

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