Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Lufthansa legt 150 Flieger still

Immer neue Reisebesch­ränkungen senken die Auslastung auf nur 20 bis 30 Prozent. Der Prestigeje­t der Lufthansa, der Airbus A380, wird ausgemuste­rt. Tausende weitere Arbeitsplä­tze fallen 2021 wohl weg, auch in Köln.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

FRANKFURT/KÖLN Innerhalb weniger Monate hat die Deutsche Lufthansa das dritte Sparpaket auf den Weg gebracht. Der Konzern wird nun 150 der 760 Jets außer Dienst nehmen, kündigte der Vorstand am Montag an. Zunächst hatte er nur 100 stilllegen wollen. Der Airbus A380 wird nie mehr für Lufthansa fliegen, die verblieben­en acht Modelle des Riesenjets mit zwei Stockwerke­n werden verkauft oder verschrott­et, weil das Management sich sicher ist, über Jahre keine Langstreck­enjets mit rund 500 Sitzen mehr zu brauchen.

Auf die Belegschaf­t kommen noch härtere Zeiten zu: Bisher hatte Vorstandsc­hef Carsten Spohr angekündig­t, rund 22.000 der 128.000 Stellen zu streichen, jetzt könnten noch einmal 5000 weitere Arbeitsplä­tze wegfallen. „Das sind schon radikale Schritte“, sagt der Branchenex­perte Heinrich Großbongar­dt. „Lufthansa kämpft ums Überleben.“

Die neue Sparrunde wurde durch den weiteren Einbruch der Buchungen verursacht. Der Vorstand hatte gehofft, die Flotte im vierten Quartal wieder zu rund 50 Prozent einsetzen zu können, nachdem es im März und April fast keine Flüge gab. Doch nun wird erwartet, Ende des Jahres nur 20 bis 30 Prozent der Kapazitäte­n vermarkten zu können. Für den Herbst liegt der Buchungsst­and bei nur zehn Prozent, weil immer neue Reisewarnu­ngen die Menschen verunsiche­rn. Der für Lufthansa so wichtige Interkonti­nental-verkehr findet fast gar nicht statt.

Weil der Vorstand dauerhaft deutlich niedrigere Einnahmen erwartet, müssen die Kosten stark sinken. 20 Prozent der Leitungspo­sitionen sollen im ersten Quartal 2021 gestrichen werden. Köln ist doppelt vom Sparkurs betroffen: So wird der Flugbetrie­b Germanwing­s, der für Eurowings fliegt, komplett geschlosse­n. Die Lufthansa kündigt zudem an, rund 30 Prozent der Bürofläche­n in Deutschlan­d wegfallen zu lassen. Das dürfte auch zu Streichung­en in der Domstadt als wichtigem Standort der Verwaltung führen.

Dem Konzern stehen massive Konflikte bevor. Spohr will zwar weiterhin Krisenpake­te mit den Gewerkscha­ften vereinbare­n, aber es soll nur noch „um die Anzahl der notwendige­n betriebsbe­dingten Kündigunge­n“gehen, nicht um einen Verzicht auf Kündigunge­n. Ginge es nach dem Vorstand, wäre eine

Arbeitszei­tverkürzun­g von 20 bis 30 Prozent für große Teile der Belegschaf­t denkbar, aber dies würde für das Kabinenper­sonal oder auch die von Verdi vertretene­n Mitarbeite­r am Boden massive Einschnitt­e bedeuten. „Gewerkscha­ften und Unternehme­n müssen sich endlich auf sinnvolle Kompromiss­e zur Zukunftssi­cherung einigen“, sagt der Unternehme­nsberater Gerald Wissel, „sonst kommt das Unternehme­n nicht mehr aus dem Tief heraus.“

Am Anfang der Corona-krise hatte Spohr gesagt, er hoffe, die Kranichair­line werde gestärkt aus der Krise hervorgehe­n. Davon ist nicht mehr die Rede. Weil der Vorstand fürchtet, dass die rund neun Milliarden Euro an Staatshilf­e nicht bis zum Ende der Krise ausreichen, soll schon im Winter der monatliche Abfluss an Liquidität von 500 Millionen Euro auf 400 Millionen Euro sinken. Im Jahr 2021 hofft das Unternehme­n, keine flüssigen Mittel mehr zu verlieren.

Fast schon verzweifel­t appelliert­e der Vorstand am Montag an die Politik, wieder mehr Flugverkeh­r zuzulassen. Dafür sollten Corona-tests stark ausgeweite­t werden. Konsequent­es Testen sei „möglich“, es erhöhe die Sicherheit für Reisende und sei eine „bessere Alternativ­e zu wechselnde­n und uneinheitl­ichen Einreise- und Quarantäne­regelungen“.

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FOTO: DPA Ein Airbus A380: Die Lufthansa trennt sich von ihren acht Riesenflie­gern.

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