Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Fünf Lehren aus dem Bundesligastart
Von Einheitlichkeit ist die Rückkehr der Fans in die Stadien weit entfernt. Die rheinischen Klubs wissen noch nicht so recht, wo sie stehen. Und Schalke gegen Bremen wird schon am 2. Spieltag ein Abstiegsgipfel.
DÜSSELDORF Die Bundesliga ist gerade erst gestartet – und doch lässt der ersten Spieltag schon einige Schlüsse für den Saisonverlauf zu:
1. Mit der Rückkehr der Zuschauer wird es ein Hin und Her werden in Corona-zeiten. Eine einheitliche Regelung unter welchen Bedingungen Zuschauer ins Stadion dürfen und wie viele, gibt es zwar, die führt aber längst nicht dazu, dass Vereine und Fans verlässlich planen können. Denn die Zuschauerzahl ist an das lokale Corona-infektionsgeschehen gekoppelt und das bleibt eine Unbekannte. Das haben schon am ersten Spieltag Meister Bayern München und der 1. FC Köln zu spüren bekommen. Haben sich in den vergangenen sieben Tagen mehr als 35 Menschen pro 100.000 Einwohner mit dem Virus infiziert, sollen keine Fans zugelassen werden. In Köln stieg die Sieben-tage-inszidenz erst am Spieltag über den kritischen Wert, so dass kurzfristig doch keine Zuschauer ins Stadion durften. Für Schalke könnte es am kommenden Spieltag kritisch werden. Und so wird es immer wieder ein Hin und Her geben, ob nun mit Zuschauern gespielt werden darf.
2. Meister werden wollen ist nicht in Mode. Langeweile in der Liga, mit einem erneut dominanten Rekordmeister Bayern München, wollen die Konkurrenten nicht. Das haben zum Beispiel Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl oder Bvb-geschäftsführer Hans-joachim Watzke vor der Saison gerne betont. Beide Vereine wollen die Bayern nach Möglichkeit auch ärgern und vorne mitspielen. Allein den Meister-titel wollen sie nicht als Ziel ausgeben. Bei Borussia Dortmund ist es Trainer Lucien Favre, der seiner Mannschaft nicht den Druck auferlegen will. Bei Gladbach will man zwar jedes Spiel nach Möglichkeit gewinnen und spielerisch die nächsten Schritte machen, aber die finanziell deutlich unterlegenen Gladbacher wissen aus den vergangenen beiden Spielzeiten, dass sie mit dieser Einstellung besser fahren als mit einer Meister-kampfansage. Und auch die anderen Teams scheinen entschieden zu haben, dass ihnen Zurückhaltung besser steht. Ein Zeichen, dass die Bundesligisten ihre Chancen eher gering einschätzen, den Bayern die Stirn bieten zu können.
3. Die Vorbildrolle des Fußballs steht mehr denn je auf dem Prüfstand. Was hatten sich die Vereine unter der Woche nicht gefreut, dass die Politik ihnen in letzter Sekunde doch noch erlaubt hatte, 20 Prozent der Zuschauer schon zum Saisonstart wieder in die Stadien zu lassen. Man verwies auf detaillierte Hygienekonzepte, enge Abstimmung mit den Behördern vor Ort und verantwortungsbewusste Fans. Und dann? Gingen Bilder vom Eröffnungsspiel um die Welt, auf denen die Oberen der Bayern und vom FC Schalke eng an eng ohne Maske auf der Tribüne saßen. Es waren Szenen aus einer
Vor-corona-welt, die je nach Wahrnehmung Arroganz oder Dummheit attestierten und jede Menge Empörung auslösten. Von Bayern-seite gab es schon am Wochenende das Eingeständnis, da nicht wirklich clever gehandelt zu haben. Was bleibt? Die Erkenntnis, dass die Vorbildrolle der Tv-fußballer in Corona-zeiten noch einmal höher ist und das immer noch nicht alle verstanden haben.
4. Im Rheinland weiß man noch nicht so richtig, wo man steht. Mönchengladbach verloren, Köln verloren, Leverkusen 0:0. Es gab schon mal euphorischere erste Spieltage am Rhein. Und so ist die Lehre aus dem Start, dass es – am Ende auch kein Wunder – Wochen dauern wird, bis die Klubs wissen, wo sie stehen. Borussia wird herausfinden, wie viel wirklich noch zu den Großen fehlt (auf die man ja auch in der Champions League trifft) und ob man Klubs dahinter inzwischen verlässlich schlägt. Köln wird lernen, ob man es reduzieren kann, sich in Spielen am Ende vor allem selbst zu schlagen, und Bayer 04 wird weiter ausprobieren müssen, wie denn der Stil des Teams im Jahr eins nach Kai Havertz aussehen soll. Es braucht halt alles Zeit, auch wenn die in dem Geschäft niemand hat.
5. Schalke gegen Bremen ist schon am zweiten Spieltag ein Abstiegsduell. Auch wenn vieles nach dem ersten Spieltag noch völlig offen ist – eines kann man schon jetzt sagen: Für Werder Bremen und Schalke ist es schon am kommenden Wochenende ein Sechs-punkte-spiel gegen den Abstieg. Die Bremer retteten sich in der vergangenen Saison in der Relegation. In der Pause konnten sie die Defizite in puncto Abwehrverhalten und Leidenschaft nicht beheben. Und auch die Schalker machen da weiter, wo sie 2019/20 aufgehört haben. Bei der 0:8-Klatsche gegen Bayern ließen sie jegliche Qualität in Abwehr und Angriff vermissen. Neben den spielerischen Mängeln fehlte es zudem an Kampfgeist. Von einem Aufbäumen gegen die Niederlage war bei Schalke nichts zu spüren. So wird es für beide Teams schwierig in der Liga zu bestehen. Das direkte Duell könnte für beide daher am Ende immens wichtig werden.