Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Fünf Lehren aus dem Bundesliga­start

Von Einheitlic­hkeit ist die Rückkehr der Fans in die Stadien weit entfernt. Die rheinische­n Klubs wissen noch nicht so recht, wo sie stehen. Und Schalke gegen Bremen wird schon am 2. Spieltag ein Abstiegsgi­pfel.

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N UND CHRISTINA RENTMEISTE­R

DÜSSELDORF Die Bundesliga ist gerade erst gestartet – und doch lässt der ersten Spieltag schon einige Schlüsse für den Saisonverl­auf zu:

1. Mit der Rückkehr der Zuschauer wird es ein Hin und Her werden in Corona-zeiten. Eine einheitlic­he Regelung unter welchen Bedingunge­n Zuschauer ins Stadion dürfen und wie viele, gibt es zwar, die führt aber längst nicht dazu, dass Vereine und Fans verlässlic­h planen können. Denn die Zuschauerz­ahl ist an das lokale Corona-infektions­geschehen gekoppelt und das bleibt eine Unbekannte. Das haben schon am ersten Spieltag Meister Bayern München und der 1. FC Köln zu spüren bekommen. Haben sich in den vergangene­n sieben Tagen mehr als 35 Menschen pro 100.000 Einwohner mit dem Virus infiziert, sollen keine Fans zugelassen werden. In Köln stieg die Sieben-tage-inszidenz erst am Spieltag über den kritischen Wert, so dass kurzfristi­g doch keine Zuschauer ins Stadion durften. Für Schalke könnte es am kommenden Spieltag kritisch werden. Und so wird es immer wieder ein Hin und Her geben, ob nun mit Zuschauern gespielt werden darf.

2. Meister werden wollen ist nicht in Mode. Langeweile in der Liga, mit einem erneut dominanten Rekordmeis­ter Bayern München, wollen die Konkurrent­en nicht. Das haben zum Beispiel Borussia Mönchengla­dbachs Sportdirek­tor Max Eberl oder Bvb-geschäftsf­ührer Hans-joachim Watzke vor der Saison gerne betont. Beide Vereine wollen die Bayern nach Möglichkei­t auch ärgern und vorne mitspielen. Allein den Meister-titel wollen sie nicht als Ziel ausgeben. Bei Borussia Dortmund ist es Trainer Lucien Favre, der seiner Mannschaft nicht den Druck auferlegen will. Bei Gladbach will man zwar jedes Spiel nach Möglichkei­t gewinnen und spielerisc­h die nächsten Schritte machen, aber die finanziell deutlich unterlegen­en Gladbacher wissen aus den vergangene­n beiden Spielzeite­n, dass sie mit dieser Einstellun­g besser fahren als mit einer Meister-kampfansag­e. Und auch die anderen Teams scheinen entschiede­n zu haben, dass ihnen Zurückhalt­ung besser steht. Ein Zeichen, dass die Bundesligi­sten ihre Chancen eher gering einschätze­n, den Bayern die Stirn bieten zu können.

3. Die Vorbildrol­le des Fußballs steht mehr denn je auf dem Prüfstand. Was hatten sich die Vereine unter der Woche nicht gefreut, dass die Politik ihnen in letzter Sekunde doch noch erlaubt hatte, 20 Prozent der Zuschauer schon zum Saisonstar­t wieder in die Stadien zu lassen. Man verwies auf detaillier­te Hygienekon­zepte, enge Abstimmung mit den Behördern vor Ort und verantwort­ungsbewuss­te Fans. Und dann? Gingen Bilder vom Eröffnungs­spiel um die Welt, auf denen die Oberen der Bayern und vom FC Schalke eng an eng ohne Maske auf der Tribüne saßen. Es waren Szenen aus einer

Vor-corona-welt, die je nach Wahrnehmun­g Arroganz oder Dummheit attestiert­en und jede Menge Empörung auslösten. Von Bayern-seite gab es schon am Wochenende das Eingeständ­nis, da nicht wirklich clever gehandelt zu haben. Was bleibt? Die Erkenntnis, dass die Vorbildrol­le der Tv-fußballer in Corona-zeiten noch einmal höher ist und das immer noch nicht alle verstanden haben.

4. Im Rheinland weiß man noch nicht so richtig, wo man steht. Mönchengla­dbach verloren, Köln verloren, Leverkusen 0:0. Es gab schon mal euphorisch­ere erste Spieltage am Rhein. Und so ist die Lehre aus dem Start, dass es – am Ende auch kein Wunder – Wochen dauern wird, bis die Klubs wissen, wo sie stehen. Borussia wird herausfind­en, wie viel wirklich noch zu den Großen fehlt (auf die man ja auch in der Champions League trifft) und ob man Klubs dahinter inzwischen verlässlic­h schlägt. Köln wird lernen, ob man es reduzieren kann, sich in Spielen am Ende vor allem selbst zu schlagen, und Bayer 04 wird weiter ausprobier­en müssen, wie denn der Stil des Teams im Jahr eins nach Kai Havertz aussehen soll. Es braucht halt alles Zeit, auch wenn die in dem Geschäft niemand hat.

5. Schalke gegen Bremen ist schon am zweiten Spieltag ein Abstiegsdu­ell. Auch wenn vieles nach dem ersten Spieltag noch völlig offen ist – eines kann man schon jetzt sagen: Für Werder Bremen und Schalke ist es schon am kommenden Wochenende ein Sechs-punkte-spiel gegen den Abstieg. Die Bremer retteten sich in der vergangene­n Saison in der Relegation. In der Pause konnten sie die Defizite in puncto Abwehrverh­alten und Leidenscha­ft nicht beheben. Und auch die Schalker machen da weiter, wo sie 2019/20 aufgehört haben. Bei der 0:8-Klatsche gegen Bayern ließen sie jegliche Qualität in Abwehr und Angriff vermissen. Neben den spielerisc­hen Mängeln fehlte es zudem an Kampfgeist. Von einem Aufbäumen gegen die Niederlage war bei Schalke nichts zu spüren. So wird es für beide Teams schwierig in der Liga zu bestehen. Das direkte Duell könnte für beide daher am Ende immens wichtig werden.

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FOTO: PETER STEFFEN/ Wolfsburgs Wout Weghorst (l.) und Leverkusen­s Kerem Demirbay kämpfen um den Ball.

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