Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Der Herbst macht den Sandplatz langsamer
Wegen der Corona-pandemie beginnen die French Open rund vier Monate später als üblich. Wir sagen, was das für die Tennisprofis in Paris bedeutet und wie sich die Bedingungen auf dem Court durch das Wetter verändern.
PARIS Während steigende Corona-zahlen das Land alarmieren, werden in diesem Jahr die French Open ausgetragen – trübe Aussichten für das Sandplatz-event in Paris. Trotzdem hagelte es deutlich weniger Absagen als bei den US Open, die vor gut einer Woche in New York zu Ende gingen. Wir beantworten alle wichtigen Fragen zum dritten und letzten Grand-slam-turnier in diesem Jahr.
Wann finden die French Open 2020 statt? Die Hauptfeldspiele beginnen am Sonntag, 27. September. Das Finale der Herren wird am 11. Oktober ausgespielt, einen Tag zuvor sind die Frauen dran. Wegen der Corona-pandemie war die Veranstaltung vom Mai in den Herbst verlegt worden.
Unter welchen Bedingungen finden die French Open angesichts der Corona-pandemie statt? Trotz der weiter stark ansteigenden Corona-zahlen in Frankreich wollen die Veranstalter nach wie vor Zuschauer auf die Anlage im Stade Roland Garros lassen. Aktuell planen die Organisatoren mit 5000 Tennis-fans pro Tag. Ursprünglich sollten es 11.500 sein.
Die Veranstalter haben in der Nähe der Anlage zwei Hotels angemietet, die ausschließlich den Spielern und ihren Betreuern zur Verfügung stehen. Die Spieler werden bei ihrer Ankunft getestet und erhalten ihre Spielgenehmigung, wenn ihr Ergebnis negativ ausfällt. 72 Stunden später werden sie erneut getestet.
Für die Zuschauer wird die Anlage in drei Zonen mit jeweils einem der drei größten Courts aufgeteilt. Wechsel zwischen den Zonen darf es nicht geben. Die Fans müssen auch auf ihren Plätzen eine Maske tragen.
Wo werden die French Open im TV und online im Live-stream übertragen? Eurosport ist Rechteinhaber der French Open. Der Tv-sender zeigt die Grand-slam-partien aus Paris teilweise live im Free-tv und im Stream. Zusätzlich werden einige Matches auf Eurosport 2 (PAY-TV) übertragen.
Wie hoch ist das Preisgeld? Der Sieger und die Siegerin erhalten 1,6 Millionen Euro (2019: 2,3 Mio. Euro). Finalist und Finalistin bekommen noch 800.000 Euro (2019: 1,18 Mio. Euro). Das sind rund 30 Prozent weniger als im vergangenen Jahr. Dafür erhalten Spieler, die in der ersten Runde ausscheiden sowie Qualifikanten mehr als in den Vorjahren – eine Reaktion auf die Pandemie, die schwächere Spieler am härtesten getroffen hat. Erstmals in diesem Jahrzehnt steigt das Preisgeld im Vergleich zum Vorjahr nicht, sondern sinkt im Durchschnitt um etwa zehn Prozent.
Welche Stars fehlen? Bei den Herren fehlen „nur“Grand-slam-rekordsieger Roger Federer und der Australier Nick Kyrgios. Federer hatte im Juni die Saison nach einer zweiten Arthroskopie am rechten Knie beendet. Kyrgios hatte eine Reise nach Europa während der Pandemie abgelehnt.
Bei den Damen fehlt hingegen die Titelverteidigerin und Weltranglistenerste Ashleigh Barty sowie die frisch gekrönte Us-open-siegerin Naomi Osaka. Die Australierin Barty hatte ihre Absage unter anderem mit gesundheitlichen Risiken begründet, Osaka erholt sich von einer Verletzung am Oberschenkel.
Auch Superstar Serena Williams hat sich wegen Gesundhreitsrisiken bislang eine Zusage noch offen gehalten. Sie hatte nach der Geburt ihrer Tochter 2017 eine Lungenembolie erlitten.
Dafür ist Olympiasieger und Ex-wimbledongewinner Andy Murray dabei. Er erhielt eine Wildcard von den Organisatoren.
Wer sind die Favoriten? Wie ist es um die Chancen der Deutschen bestellt? Solange „Sandplatzkönig“Rafael Nadal Tennis spielt, wird er als zwölfmaliger Titelträger bei den French Open als Favorit gehandelt werden. Seit seinem Debüt 2005 verlor er von 95 Partien nur zwei. Alle
Finals, die er in Paris erreichte, gewann er. Doch eine Woche vor den Beginn der French Open ist seine Form noch ein Rätsel. Beim Masters in Rom schied der Spanier völlig überraschend im Viertelfinale gegen den Argentinier Diego Schwartzman aus. Sollte er gewinnen, würde er mit 20 Titeln mit Grand-slam-rekordsieger Federer gleichziehen.
Der zweite Top-favorit auf den Titel ist Novak Djokovic. Der Weltranglistenerste greift nach seiner Disqualifikation im Viertelfinale der US Open in Paris nach seinem 18. Grand-slam-titel.
Dominic Thiem, frisch gekürter Us-open-champion und zweimaliger French-open-finalist, dürfte der dritte Anwärter auf die Krone sein.alexander Zverev ist nach seinem Einzug in sein erstes Grand-slam-finale in New York endgültig in der Weltspitze angekommen und er könnte in Paris für eine Überraschung sorgen
Bei der Frauen-konkurrenz dürften sich wohl die beiden Ex-siegerinnen Garbine Muguruza (2016) und Simona Halep (2018) Chancen auf ihren zweiten Titel in Paris ausrechnen. Sollte sich Serena Williams für eine Teilnahme entscheiden, gehört sie immer auch zum Favoritenkreis.
Einzig der French-open-titel fehlt der Kielerin Angelique Kerber noch für ihren persönlichen „Karriere-grand-slam“, doch Sand ist Kerbers schwächster Belag.
Welche Deutschen sind dabei? Vier deutsche Spieler stehen sicher im Hauptfeld:
• Alexander Zverev
• Jan-lennard Struff
• Philipp Kohlschreiber
• Dominik Koepfer
Fünf deutsche Spielerinnen ebenso:
• Angelique Kerber
• Julia Görges
• Laura Siegemund
• Andrea Petkovic
• Anna-lena Friedsam
Weitere deutsche Spieler kämpfen noch in der Qualifikation.
Warum ist der Wechsel auf Sand so schwierig? Das Spiel auf Sand ist langsamer als auf Hartplatz beziehungsweise Rasen, weil die Fluggeschwindigkeit deutlich geringer ist und der Ballabsprung wesentlich niedriger und nicht konstant ist. Aufschlagstarke Spieler können von ihren schnellen Aufschlägen auf Sand weniger profitieren als auf anderen Belägen. Das Serve-and-volley-spiel ist auf dem roten Belang also ungünstig.
Gibt es noch die „Sandplatz-spezialisten“? Ganz krasse Sandplatz-spezialisten, die gar die Rasen-saison auslassen, weil sie keine Chance gegen die Rasen-experten wittern, gibt es heute kaum mehr. Gerade die Top-spieler sind variable Allrounder geworden und feiern mittlerweile auf allen Belägen Erfolge. Heutige „Sandplatz-spezialisten“zeichnen sich dadurch aus, lange Grundschläge zu verwenden, die einen starken Topspin erzeugen.
Welche Auswirkungen hat die Verschiebung von Mai in den September auf den Belag? Die Verhältnisse werden in diesem Jahr anders sein als in der Vergangenheit. Das Wetter wird in den kommenden Wochen wohl kälter, feuchter und auch regnerischer als es üblicherweise Ende Mai/anfang Juni ist. Zudem wird es über zwei Stunden früher dunkel. Das würde auch die Bedingungen auf den Platz zusätzlich verlangsamen. Sand ist der einzige Belag, bei dem auch bei leichtem Regen weitergespielt werden kann. Es macht die Bälle aber schwerer.