Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Kalenderblatt
22.09.2011
Ein umstrittener Besuch von Papst Benedikt
Bundestagspräsident Norbert Lammert begrüßte am 22. September 2011 einen ungewöhnlichen Gast: Papst Benedikt XVI. hatte während seiner Deutschlandreise auch eine Rede vor den Abgeordneten des Bundestags eingeplant. Der Auftritt hatte schon im Vorfeld eine Kontroverse ausgelöst. Einige Politiker von der Linkspartei, Grünen und SPD hatten angekündigt, der Rede fernbleiben zu wollen, da sie das Verfassungsgebot der Trennung von Kirche und Staat verletzt sahen. Die übrigen Abgeordneten bereiteten dem Pontifex dennoch einen herzlichen Empfang. Applaus begleitete ihn, als er das Parlament betrat, gefolgt von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Christian Wulff. Benedikt nutzte seinen Auftritt, um einen allgemeinen Appell an die Politik zu richten: „Die Politik muss Mühen um Gerechtigkeit sein und so die Grundvoraussetzung für Frieden schaffen“, sagte er. Natürlich werde ein Politiker den Erfolg suchen, aber: „Der Erfolg ist dem Maßstab der Gerechtigkeit, dem Willen zum Recht und dem Verstehen für das Recht untergeordnet.“Lobende Worte fand der Pontifex ausgerechnet für eine der Parteien, die seinen Besuch zuvor so harsch kritisiert hatten. Die Bewegung der Grünen habe seit den 1970er Jahren „zwar wohl nicht Fenster aufgerissen“, aber sie sei „ein Schrei nach frischer Luft“gewesen, sagte der Bischof Roms und betonte, man dürfe diesen Schrei nicht überhören. Die erste Rede eines Papstes vor dem deutschen Bundestag dauerte 22 Minuten und endete, wie sie begonnen hatte: mit Applaus. Sie war der erste Programmpunkt seiner Deutschlandreise. Am Abend desselben Tages zelebrierte Benedikt im Berliner Olympiastadion eine Heilige Messe mit rund 60.000 Besuchern.