Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Olaf Bossi gibt sich minimalistisch
Der Kabarettist trat mit seinem zweiten Soloprogramm „Endlich Minimalist“im Dachstudio in Dinslaken auf und sprach dort über schützende Masken, unnütze Küchengeräte und Kochbücher.
DINSLAKEN (bes) Unnötigen Ballast abwerfen und so unbelasteter ein leichteres Leben führen: Das ist das Thema von Olaf Bossis aktuellem Kabarettprogramm „Endlich Minimalist“. Doch manches abzustreifen bereitet auch einem Minimalisten Unbehagen. Schutzmasken zum Beispiel. Als Kabarettist gehört der Stuttgarter zu den Berufsgruppen, die sich zum Bestreiten des Lebensunterhaltes in geschlossenen Räumen mit vielen Menschen aufhalten müssen. Er habe seinen Arzt nach der Gefahr gefragt und der habe ihm erklärt, Coronaviren würden von Infizierten eigentlich hauptsächlich bei der Stoßatmung herausgeschleudert: „also beim Husten und beim Lachen“.
Derart „beruhigt“machte sich Bossi seine Gedanken über die Regel, die auch im Dachstudio gebotenen Schutzmasken während der Vorstellung am Platz abnehmen zu dürfen: „Das ist wie eine Kondompflicht beim Date während des Abendessens, aber im Bett darf man es ausziehen.“
Nun lachten die nur 35 Gäste am Samstag im Dachstudio auf Abstand. Dabei hätte Bossi wirklich mehr verdient. Widmete er sein
Programm doch ganz systematisch dem Problem, dass symptomatisch für die Konsumgesellschaft ist: dem Zuviel der Dinge.
Was dann fehlt, ist Zeit. Zeit, die man verliert, weil die Familie (die Bossis haben zwei Kinder) ständig etwas verlegt hat, oder auch, weil selbst der achtsamste moderne Mensch heute in seiner Freizeit „zehn Dinge gleichzeitig“tun muss. „Ich wollte noch Yin und Yang, aber sag mir bitte wann?“
Also versuchte man es bei den Bossis mit der Kon-mari-methode von Marie Kondos. Verbreitet ein Gegenstand, den du besitzt, Freude? Dann behalt ihn. Ist das nicht der Fall, bedanke dich bei ihm und trenn dich von ihm. Eine Freundin im Bekanntenkreis habe den Rat so beherzigt, dass sie die Scheidung eingereicht habe – das hat den italienischstämmigen Bossi erschreckt.
Aber das „Trotz allem“, was die Liebe zwischen Menschen kittet, braucht man eben nicht auf Konsumgüter übertragen, die man kaufte, weil sie gesellige Abende oder schöne Erlebnisse mit den Kindern in der Zukunft versprachen, die nie erfüllt werden. Interessanterweise sind dies meist Küchengeräte und Kochbücher. Dabei reicht für das gemütliche Beisammensein in der Küche auch eine Brotzeit – wenn man wie Bossis Frau aus Bayern ist und Brot als Mahlzeit akzeptiert.
Was braucht man? Die Handys kommen abends ins „Hotel“im Flur – die Sucht, SMS zu lesen wird dann heimlich auf der Toilette gestillt. Für die Kinder ist es besser, wenn sie die Kinderbücher und LPS der Eltern gar nicht kennenlernen: früher war halt nicht alles besser. Aber was bleibt dann: Emotionen, Erinnerungen. Nicht wegen der 40.000 digitalen Familienfotos, sondern wegen der Audio-kassette. Auch wenn deren Hits auf Youtube weiterhin Konsumware sind: die Stimme des in den Titel sprechenden Radiomoderators wird zur Jugend, die erhalten bleibt.
„Der achtsame Mensch muss heute zehn Dinge gleichzeitig tun“Olaf Bossi Kabarettist