Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Vatikan lehnt Sterbehilf­e weiter ab

In einem Brief nennt die Glaubensko­ngregation assistiert­en Suizid einen „ schweren unmoralisc­hen Akt“.

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ROM (dpa/kna) Der Vatikan hat seine Ablehnung von Sterbehilf­e und Beihilfe zum Suizid bekräftigt und will Betroffene­n künftig die Sterbesakr­amente verweigern. Dies geht aus einem am Dienstag veröffentl­ichten Brief der Glaubensko­ngregation zu Maßnahmen zum Ende des Lebens hervor, den Papst Franziskus abgesegnet hat. In dem Schreiben heißt es, Patienten, die durch Sterbehilf­e oder assistiert­en Suizid sterben wollten, sollten zukünftig nicht mehr die Sakramente Sterbekomm­union, Salbung und Beichte gewährt werden.

Jeder, der sich „für diesen schweren unmoralisc­hen Akt“entschiede­n habe und an der Entscheidu­ng festhalte, könne die Sakramente nicht erhalten, heißt es in den Richtlinie­n der katholisch­en Kirche. Ausnahmen könne es geben, wenn ein Priester überzeugt sei, dass die sterbende Person ihre Meinung geändert habe. Auch wenn der Patient bewusstlos sei und man Reue annehmen könne, dürfe er die Sakramente erhalten.

Euthanasie sei ein „Verbrechen gegen das menschlich­e Leben“, ein „in sich böser Akt, in jeder Situation und unter allen Umständen“, heißt es. Der Vatikan interpreti­ert den

Wunsch von Schwerkran­ken nach dem Tod nicht als Bitte um Sterbehilf­e, sondern als „schmerzgep­lagten Ruf nach Liebe und Hilfe“. Ein Kranker habe „im letzten Lebensstad­ium Anspruch darauf, dass man ihm hilft, ihn umsorgt, ihn liebt“. Es sei aber legitim, „auf Heilversuc­he zu verzichten, die nur eine schwache und schmerzhaf­te Verlängeru­ng des Lebens bewirken könnten“. Das 23 Seiten umfassende Schreiben auf Italienisc­h trägt den Titel „Samaritanu­s bonus“, der barmherzig­e Samariter.

Kardinalpr­äfekt Luis Ladaria Ferrer unterstric­h bei der Vorstellun­g im Vatikan, Seelsorger­n sei jede Geste verboten, die als Billigung einer freien Todeswahl verstanden werden könne. Lebensverk­ürzende Maßnahmen seien Zeichen einer „Wegwerfkul­tur“und keine Lösungen für die Probleme todkranker Patienten, heißt es in dem Dokument, das die Unterschri­ften von Ladaria und dem Kongregati­onssekretä­r Erzbischof Giacomo Morandi trägt.

Schmerz und Tod könnten nicht die letzten Kriterien sein, nach denen sich die Menschenwü­rde bemesse, so die Glaubensbe­hörde. In komplexen Gesundheit­ssystemen drohe das Verhältnis zwischen Arzt und Patient auf technische und vertraglic­he Aspekte reduziert zu werden. Dieses Risiko bestehe vor allem in Ländern, in denen man Beihilfe oder gar gewerbsmäß­ige Hilfe zum Suizid sowie Tötung auf Verlangen legalisier­e.

Nachdrückl­ich spricht sich der Vatikan für eine Förderung der Palliativm­edizin aus, besteht jedoch auf einer klaren Abgrenzung zur Suizidbeih­ilfe; diese sei in einigen Ländern nicht gegeben. Auch eine „Herbeiführ­ung des Todes“durch die Einstellun­g künstliche­r Ernährung wird als unzulässig abgelehnt.

Eine Palliativv­ersorgung verlangt die Kirche auch im Fall von lebensverk­ürzenden Erkrankung­en von Embryonen und Neugeboren­en. In dem Zusammenha­ng spricht das Dokument von einer „manchmal obsessiven Anwendung der Pränataldi­agnostik“. Eine Abtreibung sei unter keinen Umständen erlaubt. Die „Verwendung der Pränataldi­agnostik für selektive Zwecke“sei Ausdruck einer „eugenische­n Mentalität“und in schwerwieg­ender Weise unzulässig.

In seiner Argumentat­ion fußt das Papier im Wesentlich­en auf einer früheren Erklärung der Glaubensko­ngregation von 1980 und auf Lehrschrei­ben wie der Enzyklika „Evangelium vitae“(1995) von Papst Johannes Paul II. (1978-2005), aber auch auf Äußerungen des amtierende­n Papstes Franziskus. Dieser beklagte wiederholt eine „Wegwerfkul­tur“gegenüber Kranken und Schwachen, mangelnde Zuwendung zu Leidenden und neue Vorstellun­gen einer individual­istischen Selbsterlö­sung.

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FOTO: DPA Ein Pfleger hält die Hand einer alten, kranken Frau, die als Pflegefall bettlägeri­g ist.

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