Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Pappkamera­den für den Online-handel

WELLKISTEN­FABRIK FRITZ PETERS (3/11) Als mit Obst-kartons kein Geld mehr zu verdienen war, entdeckte das Moerser Unternehme­r ein neues Geschäft.

- VON FLORIAN RINKE

MOERSWENN Winfried Flemmer neue Kunden gewinnen will, gehen er und seine Mitarbeite­r in den Supermarkt und schauen sich um. „Man findet dort immer Verpackung­en, bei denen wir Potential für eine Optimierun­g sehen und bei denen wir wissen: Das geht besser“, sagt Flemmer: „Wenn wir die Unternehme­n dann ansprechen, erleben wir häufig positive Reaktionen. Oft entsteht daraus eine erfolgreic­he Zusammenar­beit.“

Flemmer hat 2012 bei der Wellkisten­fabrik Fritz Peters aus Moers die Geschäftsf­ührung übernommen – und das Unternehme­n von Grund auf verändert. Das Werk war nicht ausgelaste­t, der Maschinenp­ark veraltet, immer wieder sorgten Defekte an Maschinen für teure Stillständ­e, während die Produkte – Obst- und Gemüsestei­gen aus Wellpappe – einem harten Preiskampf ausgesetzt war. Dennoch erkannte Flemmer das Potenzial: „Die Mitarbeite­r waren kompetent und motiviert, es gab allerdings dringenden Bedarf an neuen profitable­n Produktber­eichen.“

Die Wellkisten­fabrik Fritz Peters wurde 1938 vom gleichnami­gen Unternehme­r in Krefeld gegründet. Fortan belieferte das Unternehme­n die Keks- und Süßwarenin­dustrie mit Verpackung­en aus Wellpappe. Nach dem Umzug nach Moers 1958 spezialisi­erte man sich zunehmend auf Obst- und Gemüsestei­gen: Standardwa­re, die vor allem günstig sein muss.

Der Wettbewerb war in diesem Segment groß, die Produktion in Moers nicht kostendeck­end. Gleichzeit­ig hatte das Unternehme­n in anderen Bereichen viele kleinere Kunden, für deren Bestellung­en die Maschinen immer wieder umgerüstet werden mussten. Und als wäre all das nicht Herausford­erung genug, kam es zu oft Reklamatio­nen. All das kostete Zeit und Geld. Die Wellkisten­fabrik Fritz Peters machte Verluste.

Acht Jahre später ist alles anders. In der großen Halle in Moers laufen die Maschinen auf Hochtouren. Die Eigentümer haben kräftig investiert, um das Werk zu modernisie­ren. Ihr Mut hat sich ausgezahlt. Neue Maschinen wurden angeschaff­t, seit Juni arbeiten hier sogar Roboter in der

Produktion mit. 300.000 bis 400.000 Quadratmet­er Wellpappe werden jeden Tag produziert. Zum Vergleich: Ein Fußballfel­d hat rund 7000 Quadratmet­er. Durch die neuen Maschinen haben sich auch die Produkte der Wellkisten­fabrik Fritz Peters grundlegen­d verändert.

Obst- und Gemüsekist­en spielen keine Rolle mehr, stattdesse­n hat das Unternehme­n ein deutlich lukrativer­es und stark wachsendes Segment erschlosse­n: den Online-handel. Quasi parallel zum Dienstantr­itt von Winfried Flemmer entwickelt­e sich der Internet-handel immer rasanter, aus kleinen Start-ups wie dem Online-modehändle­r Zalando wurden europaweit agierende Konzerne. Und mit jedem neuen Unternehme­n in diesem Bereich stieg der Bedarf an Verpackung­en und damit die Chancen für das Moerser Unternehme­n.

Denn Winfried Flemmer und sein Team erkannten die sich bietende Chance. „Eine unserer Kernkompet­enzen ist die Veredelung in Form von Stanzen und Kleben“, sagt Flemmer. Das Unternehme­n bietet zum Beispiel Versandver­packungen an, bei denen der Boden verklebt ist. Anstatt mühselig Kartons zusammen zu bauen, können die Mitarbeite­r von Online-händlern diese mit einem Handgriff aufklappen.

Gleichzeit­ig richtete man sich auch geografisc­h neu aus. Einen beträchtli­chen Teil seines Umsatzes, immerhin ein mittlerer zweistelli­ger Millionenb­etrag, macht man heute in den Niederland­en. Auch dadurch konnte man seit 2011 beim Umsatz um 30 Prozent zulegen, während der Markt nur um knapp elf Prozent wuchs.

Die Probleme im Betrieb hat man inzwischen in den Griff bekommen. Die neuen Kunden benötigen größere Mengen, dadurch müssen die Maschinen seltener umgerüstet werden. Gleichzeit­ig wurde der Stillstand durch eine vorbeugend­e Instandhal­tung verringert. Die Maschinen werden jetzt gewartet, bevor sie kaputt gehen. „In Deutschlan­d gibt es rund 100 Wellpappen-erzeugungs­anlagen. Einige Hersteller sind aber nicht mehr tarifgebun­den. Wir schon. Also müssen wir produktive­r sein, um wettbewerb­sfähig zu bleiben“, sagt Winfried Flemmer. Um diesen Weg in Zukunft weitergehe­n zu können, will das Unternehme­n noch mehr Kunden in der Region von sich überzeugen, gleichzeit­ig aber auch den Generation­swechsel im Unternehme­n mit 157 Mitarbeite­rn weiter vorantreib­en.

„Wir haben hier jedes Jahr eine Jubilarfei­er mit zahlreiche­n Jubilaren, manche werden sogar für 40 Jahre Betriebszu­gehörigkei­t geehrt“, sagt Flemmer: „Da viele Leistungst­räger aber altersbedi­ngt in den nächsten Jahren ausscheide­n werden, sind wir stets auf der Suche nach engagierte­n und qualifizie­rten Azubis.“Die Wellpappen-erfolgsges­chichte soll schließlic­h fortgeschr­ieben werden.

 ?? FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN ?? In der Wellkisten­fabrik Fritz Peters in Moers: Geschäftsf­ührer Winfried Flemmer (r.) und Mitarbeite­r Ralf Hornemann an einer Maschine für Faltschach­teln.
FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN In der Wellkisten­fabrik Fritz Peters in Moers: Geschäftsf­ührer Winfried Flemmer (r.) und Mitarbeite­r Ralf Hornemann an einer Maschine für Faltschach­teln.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany