Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Deutsche Bank schließt jede fünfte Filiale

Dem Sparkurs des größten deutschen Geldinstit­uts sollen rund 100 weitere Niederlass­ungen zum Opfer fallen. Es werde aber keinen weiteren Stellenabb­au geben, erklärt das Unternehme­n.

- VON GEORG WINTERS

FRANKFURT Von Ulrich Cartellier­i, der in den 80er und 90er Jahren eineinhalb Jahrzehnte im Vorstand der Deutschen Bank saß, ist der Satz überliefer­t, das Filialnetz hänge der Bank „wie ein Mühlstein um den Hals“. Das war zu einer Zeit, in der sich noch kaum jemand Gedanken über die Erledigung von Geldgeschä­ften über das Internet machte. Und doch ist Cartellier­is Satz aktueller denn je. Angesichts der Tatsache, dass immer mehr Kunden ihre Konten online verwalten, hat Deutschlan­ds Geldgewerb­e viel zu viele Niederlass­ungen. Deshalb will die Deutsche Bank von rund 500 Filialen etwa 100 streichen. So schnell wie möglich. „Im kommenden Jahr wollen wir ein Filialnetz in der Größenordn­ung von rund 400 Standorten erreichen“, sagte ein Sprecher der Bank auf Anfrage. Überwiegen­d gehe es um Standorte „in städtische­n Räumen, in denen wir mit mehreren Filialen vertreten sind“. Die Änderungen seien für 2021 geplant. „Wir sind dazu momentan in Planung und in Gremienges­prächen“, so der Sprecher.

Natürlich löst ein solcher Plan nicht gerade Begeisteru­ng bei der Gewerkscha­ft Verdi aus. Denn in der Regel ist mit der Schließung von Filialen auch die Absicht verbunden, Jobs abzubauen Die Deutsche Bank weist indes darauf hin, dass es keine weiteren Jobverlust­e geben werde über den Abbau von 18.000 Arbeitsplä­tzen hinaus, der bereits bekannt sei. Zudem gibt es bei der Deutschen Bank einen Tarifvertr­ag Beschäftig­ungssicher­ung, der betriebsbe­dingte Kündigunge­n bis Mitte 2023 ausschließ­t. In dem ist auch eine Zumutbarke­itsgrenze eingezogen worden, die regelt, wie lange Mitarbeite­r maximal pro Tag für die Fahrt vom Wohn- zum Arbeitsort und zurück aufwenden müssen.

„Grundsätzl­ich haben wir Verständni­s dafür, dass die Deutsche

Bank ihr Filialnetz überprüft. Aber das darf keine reine Kostensenk­ungsmaßnah­me sein. Wir erwarten ein intelligen­tes Beratungsk­onzept, in dem Online-beratung und das persönlich­e Gespräch in der Filiale kombiniert werden“, sagte Jan Duscheck, Banken-experte bei der Gewerkscha­ft Verdi, unserer Redaktion. Und er formuliert, was er vom Unternehme­n erwartet: „„Im nächsten Schritt muss die Bank jetzt gegenüber den Betriebsrä­ten darstellen, welche Standorte betroffen sein sollen. Dann beginnen erst einmal die Verhandlun­gen mit den Betriebsrä­ten, hier kann sich dann noch einiges verändern.“

Dass immer weniger Kunden in die Filialen kommen und denen daher zum Teil die Daseinsber­echtigung fehlt, ist kein neues Phänomen. Aber auch hier hat die Corona-pandemie die Entwicklun­g beschleuni­gt. Selbst Kunden, die vorher nicht mit Online-banking vertraut gewesen seien, erledigten nun viele Geschäfte über Laptop und Smartphone, heißt es. Und mit jedem Tag wächst ohnehin die Zahl derer, die eine Niederlass­ung nicht mehr brauchen, und es schrumpft die Zahl derer, die die Niederlass­ung als Anlaufstel­le benötigen. Das sind vorwiegend ältere Menschen, die für Überweisun­gen mitunter Hilfe brauchen oder die mit der Bedienung von Geldautoma­ten und Sb-automaten nicht vertraut sind.

Diese älteren Kunden will die Deutsche Bank anderersei­ts nicht verprellen, und darum betont sie vorsorglic­h, sie wolle in der Fläche präsent bleiben. Schließung­skandidate­n liegen demnach eher in größeren Städten, in denen das Unternehme­n an mehreren Stellen Standorte hat. Zu den Filialen kommen da auch noch die Orte, an denen nur ein Geldautoma­t steht, an denen die Bank ein Sb-center betreibt oder an denen Finanzagen­turen die Beratung der Kunden übernehmen.

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