Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Dem Radsport droht der nächste Doping-skandal

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MARSEILLE (dpa) Die Ermittler fanden Injektions­nadeln, Kochsalzlö­sung und Medikament­e, zwei Personen wurden abgeführt. Kurz vor der WM in Imola drohen dem Radsport mit voller Wucht eine neue Glaubwürdi­gkeitskris­e und der nächste Doping-skandal. Nach einer Razzia beim französisc­hen Team Arkéa-samsic während der Tour de France ermittelt die Staatsanwa­ltschaft Marseille wegen des Verdachts „der Verabreich­ung und Verschreib­ung einer verbotenen Substanz oder verbotenen Methode an einen Sportler ohne medizinisc­he Begründung“.

Am Tag der Königsetap­pe zum Col de la Loze am vergangene­n Mittwoch war der Rennstall um den kolumbiani­schen Teamkapitä­n Nairo Quintana ins Visier geraten. Im Teamhotel in der Nähe des Winterspor­torts Méribel wurden französisc­hen Medien zufolge auch Hinweise auf Doping entdeckt. Ein Arzt und ein Betreuer kamen in Polizeigew­ahrsam. Der Verdacht der „Anstiftung zu einer Verwendung einer verbotenen Substanz oder Methode“stehe im Raum, hieß es in einer Erklärung, aus der die Nachrichte­nagentur AFP zitiert. Staatsanwä­ltin Dominique Laurens zufolge droht bei einer Verurteilu­ng eine Haftstrafe von fünf Jahren und eine Geldbuße von 75.000 Euro. Bester Arkéa-samsic-profi bei der Frankreich-rundfahrt war der Franzose Warren Barguil als 14. des Gesamtklas­sements. Der frühere Tour-zweite Quintana kam nur auf den 17. Rang. Beide stehen wie auch weitere Profis des Rennstalls im Aufgebot ihrer jeweiligen Länder für die am Donnerstag beginnende Straßenrad-wm.

„Natürlich stehen wir hinter unseren Fahrern, aber sollten die Untersuchu­ngen tatsächlic­h Dopingprak­tiken bestätigen, würde sich das Team umgehend von solchen Handlungen distanzier­en und ohne abzuwarten die notwendige­n Maßnahmen ergreifen“, sagte Team-manager Emmanuel Hubert in einer Mitteilung. Die Durchsuchu­ng habe aber nur „eine sehr geringe Zahl von Fahrern“und deren direktes Umfeld betroffen. Namen von Fahrern nannte Hubert nicht.

Nach den zahlreiche­n Dopingskan­dalen der 1990er- und 2000er-jahre war es zuletzt etwas ruhiger im Radsport. Der letzte große Dopingfall bei der Tour liegt acht Jahre zurück. Für den Nürnberger Pharmakolo­gen Fritz Sörgel spielt Doping im Radsport weiter eine große Rolle. „Dass da viel Chemie unterwegs ist und dass man im Radsport die Fahrer chemisch bei Laune halten muss, ist klar“, sagte der Doping-experte der Deutschen Presse-agentur. „Und dass nur mit besserem Training das Niveau gehalten werden kann, erscheint unwahrsche­inlich.“Zumal es wegen der Corona-krise monatelang keine Rennen gegeben habe. „Deshalb ist es erstaunlic­h, dass man solche Leistungen bringen kann“, sagte Sörgel.

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