Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Gastgewerbe stöhnt unter Corona
Nach Angaben der Gewerkschaft Nahrung-genuss-gaststätten (NGG) sanken die Gästezahlen im ersten Halbjahr um 54 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Corona-pandemie habe zu einer „beispielosen Krise“geführt.
KREIS WESEL (aha) Die Corona-pandemie sorgt nach Angaben der Gewerkschaft Nahrung-genuss-gaststätten (NGG) Region Nordrhein für einen Einbruch im Tourismus-bereich: Im ersten Halbjahr haben rund 96.000 Gäste den Kreis Wesel besucht – das sind 54 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Zahl der Übernachtungen sank um 48 Prozent auf etwa 204.000. Die NGG beruft sich dabei auf Zahlen des Statistischen Landesamtes. „Die Pandemie hat zu einer beispiellosen Krise im heimischen Gastgewerbe geführt. Erst mussten Hotels, Pensionen, Kneipen und Restaurants über viele Wochen ganz schließen. Und nach dem Lockdown läuft der Betrieb unter Auflagen nur langsam wieder an“, erklärt Hans-jürgen Hufer, Geschäftsführer der Ngg-gewerkschaft im Bereich Nordrhein.
Unter der Situation litten aber nicht nur die Unternehmen. „Die Folgen sind auch für Köche, Kellner und Hotelangestellte dramatisch. Als Kurzarbeiter mussten sie deutliche Lohneinbußen in Kauf nehmen – in einer Branche, die ohnehin nur geringe Löhne zahlt“, betont Hufer. Nach dieser „Durststrecke“blickten viele Beschäftigte nun mit Sorge auf die Herbst- und Wintersaison.
Nach Angaben der Arbeitsagentur beschäftigt das Hotel- und Gaststättengewerbe im Kreis Wesel rund 7600 Menschen. Allerdings habe die Kurzarbeit bislang einen massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindern können. Dank staatlicher Hilfen sei eine Pleitewelle im Gastgewerbe ausgeblieben. „Die Gewerkschaften haben sich in Berlin seit Beginn der Pandemie für das Kurzarbeitergeld stark gemacht und auch durchgesetzt, dass es bis Ende nächsten Jahres verlängert wird. So kommen Beschäftigte und Betriebe besser durch diese schwere Zeit“, sagt Hufer. Entscheidend sei zudem, dass die Leistung nach sieben Monaten auf 80 Prozent des Nettoverdienstes (für Eltern 87 Prozent) ansteige. „Jeder Kurzarbeiter ist ein möglicher Arbeitsloser weniger.“
In der gesamten Wirtschaft lag nach jüngsten statistischen Erhebungen der Anteil der Kurzarbeitenden bei 14 Prozent. Während des Lockdowns zwischen Anfang März und Ende April wurde laut Arbeitsagentur für neun von zehn sozialversicherungspflichtige Beschäftigte im Gastgewerbe Kurzarbeit beantragt, teilt die Gewerkschaft NGG weiter mit.
Die NGG appelliert nun an die Unternehmen, die Kurzarbeit für die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter zu nutzen. „Wer wegen Corona nicht arbeiten kann, sollte die Möglichkeit einer beruflichen Weiterbildung bekommen. Das ist ein Beitrag gegen den Fachkräftemangel, der in Hotels und Restaurants unabhängig von der Pandemie eklatant ist. Und Beschäftigte können einen Schritt auf der Karriereleiter machen – etwa von der Küchenhilfe zur Köchin, vom Restaurantfachmann zum Hotelfachmann“, unterstreicht Hufer. Zudem müssten Beschäftigte auch im Gastgewerbe für die Digitalisierung fit gemacht werden. Hier berge die Krise eine große Chance.