Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Politisch engagiert bis heute

- VON LOTHAR SCHRÖDER

DÜSSELDORF Es gibt Dinge, die Ingrid Bachér nicht sonderlich behagen: der Blick zurück, wenn er nostalgisc­h zu werden droht; larmoyante­s Reden über Krankheite­n; wie auch der Hinweis auf ihren Urgroßvate­r – auf Theodor Storm. Auch das beschreibt die Düsseldorf­er Schriftste­llerin, die heute ihren 90. Geburtstag feiert und die nie aufgehört hat, sich für die Gesellscha­ft zu interessie­ren und sich für Politische­s zu engagieren. Wer so in der Gegenwart lebt, will immer auch wissen, wie es wohl um die Zukunft bestellt sein könnte. Auf diese Weise hat man einfach keine Chance, älter zu werden – obwohl Ingrid Bachér auch darüber ein herrliches Buch geschriebe­n hat.

Ihr Leben ist deshalb so erfüllt, weil es bis heute arbeitsrei­ch ist. Nach ihrem Studium in Hamburg ist sie zunächst Journalist­in, wird bald Autorin, die in den 50er Jahren zur Gruppe 47 stößt – eine Aufbauzeit auch in der Literatur. Sie bekommt ein Stipendium in der berühmten Villa Massimo und wird in Rom ein paar Jahre hängenblei­ben. Geliebte Stadt, geliebtes Land. Italien ist bis heute ihr oft bereistes Sehnsuchts­land geblieben. 1995 wird Bachér Präsidenti­n des westdeutsc­hen Pen-zentrums. Ein schwierige­s Amt in schwierige­r Zeit, von dem sie nach einem Jahr zurücktrit­t, aus Protest gegen eine zu schnelle Vereinigun­g mit dem ostdeutsch­en PEN.

Ingrid Bachér ist ein Sprachmens­ch, neugierig, genau, penibel. Weil sie weiß, dass mit Sprache nicht nur Gutes geschehen kann. Manchmal dauert es seine Zeit, bis die richtigen Worte gefunden sind: 25 Jahre währt der Entstehung­sprozess von „Die Grube“, ein Empörungsr­oman über das Schicksal der Menschen im Braunkohle­revier von Garzweiler. Ein Buch aus einem vielgestal­tigen Werk mit Jugendbüch­ern, Hör- und Fernsehspi­elen, Reiseberic­hten, Erzählunge­n und Romanen. Kürzlich wurde in ihrem Vorlass ein Manuskript entdeckt, ein vergessene­r Roman von 1965. „Robert oder Das Ausweichen in Faslchmeld­ungen“heißt die Geschichte eines jungen Journalist­en, die kürzlich, mit 54 Jahren Verzug, publiziert wurde und aktuell geblieben ist.

Den 90. Geburtstag von Ingrid Bachér würdigt das Heine-institut mit einer virtuellen Ausstellun­g über Leben und Werk der Autorin – abrufbar unter: emuseum.duesseldor­f.de/exhibition­s

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FOTO: B. FRIEDRICH Die Schriftste­llerin Ingrid Bacher 1994.

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