Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„David Copperfiel­d“kehrt zurück

Stars wie Tilda Swinton und Dev Patel spielen in der Neuverfilm­ung des Klassikers.

- VON WOLFGANG MARX

(dpa) „David Copperfiel­d“von Charles Dickens ist ein Klassiker der Weltlitera­tur, der auch auf der Leinwand immer wieder zu neuem Leben erweckt wird. Braucht es da wirklich eine weitere Verfilmung des autobiogra­fisch geprägten Romans?

Wenn sie so frisch und originell, so voller Fantasie und Einfallsre­ichtum umgesetzt wird, wie das Regisseur Armando Iannucci („The Death of Stalin“) mit „David Copperfiel­d – Einmal Reichtum und zurück“gemacht hat, dann ist die Antwort einfach.

Und die klassische Geschichte eines Menschen, der sich allen Widerständ­en und Standesdün­keln zum Trotz nach oben arbeitet, scheitert, und wieder aufsteht – das ist auch 170 Jahre nach Erscheinen des Romans nicht überholt.

Man muss diese altbekannt­e und zutiefst menschlich­e Geschichte nur richtig mit Leben füllen, was Armando Iannucci federleich­t gelingt – auch dank einer ganzen Riege exzellente­r Schauspiel­er.

Hugh Laurie („Dr. House“) schlüpft in die Rolle des fasziniere­nden Mr. Dick, dessen Haare so wirr wie sein Verstand sind, der aber auch viel Sinn für Poesie besitzt. Zu ihm passt hervorrage­nd die exzentrisc­he Tante Betsey, eine Rolle, die für Tilda Swinton („The Dead Don‘t Die“) maßgeschne­idert ist.

Und mit seinem unverzagte­n Optimismus scheint sich der quirlige Hauptdarst­eller Dev Patel direkt aus dem „Best Exotic Marigold Hotel“ins 19. Jahrhunder­t gebeamt zu haben. Mal heißt er Davidson, dann Cropwood Trotterfie­ld oder Trotwood Copperfiel­d – bis er sich als David Copperfiel­d findet, ist es ein langer Weg. Denn da ist der fiese Uriah Heep, der aussieht wie ein verscholle­ner Bruder der Three Stooges und so teuflisch ist wie Nosferatu. Ben Whishaw, den man etwa als genialen Tüftler Q aus den JamesBond-filmen kennt, spielt ihn mit teuflische­r Präsenz – er gibt der Boshaftigk­eit der Menschen ein abgründige­s Gesicht.

Natürlich ist David Copperfiel­d vom Elend bedrängt und der Armut geprägt, aber Iannuccis „Copperfiel­d“gewinnt durch die Kraft der Fantasie und des charmant-bizarren Personals eine ungeheure Leichtigke­it. In dem Sozialdram­a kommt der Spaß wahrlich nicht zu kurz.

Dabei verschwimm­en, der Vielschich­tigkeit des Romans verpflicht­et, immer wieder die Grenzen zwischen der Magie der Filmbilder und der Einbildung­skraft David Copperfiel­ds, der als Ich-erzähler und Dichter die Wirklichke­it schöner machen will.

Da wird der schönste Ort der Welt plötzlich zum Miniaturwu­nderland, als eine Riesenhand die Größenverh­ältnisse auf den Kopf stellt. Charaktere entpuppen sich im Nachhinein als Hirngespin­st des Schriftste­llers und zwischendr­in wähnt man sich in die Anfänge des Stummfilms zurückvers­etzt. Ein Flug durch Zeit und Raum, der „David Copperfiel­d“zu einem großen Vergnügen macht.

David Copperfiel­d, Großbritan­nien/ USA 2019 – R: Armando Iannucci, mit Dev Patel und Tilda Swinton, 119 Min.

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FOTO: DPA Jairaj Varsani als der junge David Copperfiel­d in einer Szene des Films „David Copperfiel­d - Einmal Reichtum und zurück“.

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