Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Facettenreiches Mystery-drama mit Nina Hoss
(schwi) Im weiten Overall und mit einem Cowboyhut auf dem Kopf tritt Wiebke (Nina Hoss) aus der Scheune heraus und schreitet ruhigen Schrittes durch das Morgengrauen zur Pferdekoppel. Am Anfang von Katrin Gebbes „Pelikanblut“steht das Bild einer Frau, die mit sich und ihrer Welt im Einklang ist. Vor einigen Jahren hat sie Nicolina (Adelia-constance Giovanni Ocleppo) aus Bulgarien adoptiert, nun soll noch eine kleine Schwester hinzukommen. Aber nach einigen Wochen zeigen sich bei der fünfjährigen Raya (Katerina Lipovska) Verhaltensauffälligkeiten. Sie malt düstere Gestalten an die Wand, verschmiert ihre Exkremente im Bad und legt schließlich sogar Feuer im Haus. Der Psychologe attestiert eine schwere „dissoziative Störung“, Grund ist ein frühkindliches Trauma. Wiebke versucht dem Mädchen jene bedingungslose Liebe zu geben, die ihm als Baby verwehrt wurde– und wird zunehmend zur Gefangenen ihrer uneingestandenen Überforderung. In „Pelikanblut“stellt Regisseurin Katrin Gebbe („Tore tanzt“) den Mythos der grenzenlosen Mutterliebe auf den Prüfstand. Dabei überschreitet sie gezielt die Grenzen des Realismus und bindet immer wieder Horrorfilm-momente ein.
Pelikanblut, Deutschland/ Bulgarien 2019 – R: Katrin Gebbe, mit Nina Hoss, Katerina Lipovska, 121 Min.