Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Weichen für Wasser-zukunft gestellt
Etablierte Zweckverbände und eine neue Behörde kümmern sich um den Schutz rund um die Gewässer Issel und Rhein. Dabei kommen natürliche Helfer sowie innovative Technik zum Einsatz.
Rees/isselburg/hamminkeln. Die hiesige Region ist von einer Flachebene mit viel Natur und Gewässern geprägt. Mit der Nachbarschaft zu Flüssen wie Issel und Rhein sind sowohl Transportmöglichkeiten und die Aufbereitung von Trinkwasser als auch das Absichern oder Eindeichen der Uferbereiche verbunden. Aus der einstigen Selbsthilfe der Anwohner und den verlängerten Armen monarchischer und staatsbürgerlicher Herrschaft sind im Laufe der Zeit Verwaltungsstrukturen entstanden, bei denen sich Zweckverbände oder Behörden um bestimmte Aufgaben kümmern. Bei den Gewässern sind dies konkret die Wasser- und Bodenverbände ( WBV) sowie die Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter ( WSA).
So durchfließen die Issel und ihre Nebengewässer vom Oberlauf im münsterländischen Raesfeld bis zur Staatsgrenze am Unteren Niederrhein verschiedene Verwaltungsgebiete. „Um das komplexe Fließsystem insbesondere im Hochwasserfall zu berücksichtigen, haben sich die Anliegerkommunen zusammengeschlossen und die Erstellung eines interkommunalen Hochwasserschutzkonzeptes beauftragt“, heißt es bei der entsprechenden Projektgruppe.
Die Lage an der Grenze von Rheinland und Westfalen sowie das Einbinden einiger Anrainerkreise machen die erforderliche Koordination etwas komplizierter. Das Hochwasserschutzkonzept ist eine Gemeinschaftsarbeit der federführenden Kreise Borken und Wesel, des Isselverbandes und des WBVS „Untere Issel Süd“. Vertragspartner sind aber auch die im Einzugsgebiet der Issel gelegenen Kommunen wie zum Beispiel die Städte Isselburg, Hamminkeln und Rees (Kreis Kleve). Darüber hinaus wurden die vertraglichen Inhalte mit den Bezirksregierungen Düsseldorf und Münster abgestimmt. Während die Kreise Wesel und Borken die Oberaufsicht haben, obliegt dem Kreis Wesel zusätzlich die Projektleitung.
Im Fokus aktueller Projekte steht die Vermeidung extremen Hochwassers wie vor fast vier Jahren. Anfang Juni 2016 hatte die Issel einen Pegelstand erreicht, der mit zwei Metern 1,5 Meter höher war als normal und großflächige Überschwemmungen mit sich brachte. Der gleichfalls starke Anstieg der Grundwasserstände führte zu vielen überspülten Kellern, insbesondere im Hamminkelner Stadtteil Mehrhoog. Die betroffenen Anwohner und Landwirte belastete das Naturdrama körperlich und emotional wie auch wirtschaftlich.
Somit bleibt der Hochwasserschutz ein wichtiges Thema in der Region. Dies zeigten Bürgerdiskussionen und Informationsveranstaltungen zu Issel und Rhein in den vergangenen Monaten. So hatte die Stadt Hamminkeln vor geraumer Zeit zur Präsentation eines Forschungsprojektes eingeladen, in deren Auftrag die Proaqua Ingenieurgesellschaft für Wasser- und Umwelttechnik und die Hochschule Rhein-waal über den Zusammenhang von Grundwasser und Hochwasserständen berichteten. Das Ingenieurbüro hat übrigens das Hochwasserschutzkonzept erstellt und mit der Projektarbeitsgruppe abgestimmt.
Auch die Bezirksregierung
Düsseldorf hat am Jahresende 2019 über die Deichsanierung zwischen Rees-mitte und Bienen informiert. Am 30. April konnte der involvierte Deichverband Bislich-landesgrenze trotz Corona-krise den Teilabschnitt des neuen Deiches mitsamt Fuß- und Radweg sowie den äußerst nützlichen Weiden für Schafe eröffnen, die das Gras durch ihr Fressen kurz halten und den Boden festtreten. Nur manche geplanten Deichschau-termine mussten zuletzt aus organisatorischen Gründen abgesagt werden.
Nun taucht ein weiterer
Funktionsträger auf, der hier für den Rhein zuständig ist: Das neu geschaffene WSA Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Rhein. Seit dem 30. Januar 2020 kümmern sich rund 500 Beschäftigte um den rund 370 Kilometer langen Abschnitt des Stroms zwischen Mainz und der deutsch-niederländischen Grenze. „In dem Revier finden 70 Prozent aller Transporte der deutschen Binnenschifffahrt statt“, heißt es bei der Generaldirektion für Wasserstraßen und Schifffahrt des Bundes in Bonn. Die Verwaltungsbehörde weist ebenso auf die meist befahrene Binnenwasserstraße Europas sowie auf die größten Binnenhäfen Deutschlands in Duisburg, Neuss und Köln hin.
„Das neue Wasserstraßenund Schifffahrtsamt Rhein ist für einen der wichtigsten Wasserwege verantwortlich. Mit der Neustrukturierung wurden Synergien geschaffen, die zu noch effizienteren Arbeitsabläufen führen. Ein starkes Amt in einem für die Schifffahrt und Industrie großen und wichtigen Gebiet – damit sind die Weichen für die Zukunft gestellt“, betont der Präsident der Generaldirektion, Prof. Dr. Hans-heinrich Witte. Das Amt wird von Brigitta Beul geleitet, die zuvor bereits einige Jahre parallel die Geschäfte der WSA Duisburg-rhein und Köln geführt hatte.
Demnach ist das neue WSA Rhein das siebte neu strukturierte Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt, das inzwischen im Rahmen einer umfassenden bundesweiten Verwaltungs- und Ämterreform gestartet ist. Es geht aus den bisherigen Ämtern Duisburg-rhein, Köln und Bingen hervor, die als Standorte erhalten bleiben.
„Der Rhein hat eine enorme gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung für die Regionen Mittelrhein und Niederrhein. Er ist nicht nur Verkehrsträger, sondern auch Natur- und Kulturraum und spielt für die Freizeitgestaltung und Erholung eine wichtige Rolle“, erläutert Beul. „Unser Ziel ist es, gemeinsam mit den Akteuren am Rhein die Schifffahrt als umweltfreundlichen Verkehrsträger und Naturraum zu erhalten und zu stärken.“