Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Trump lässt Machtübergabe offen
Viele Us-bürger geben ihre Stimme zur Präsidentenwahl am 3. November per Brief ab. Amtsinhaber Trump will nicht glauben, dass es dabei mit rechten Dingen zugeht – und schürt Zweifel, ob er eine Niederlage akzeptieren würde.
WASHINGTON (dpa) Us-präsident Donald Trump hat Befürchtungen geschürt, dass er im Fall einer Niederlage das Ergebnis der Us-wahl am 3. November nicht ohne Weiteres anerkennen könnte. Bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus lehnte er es am Mittwoch (Ortszeit) ab, eine friedliche Übergabe der Regierungsmacht zu garantieren. „Wir müssen abwarten, was passiert“, sagte Trump auf die Frage eines Reporters, ob er bei „Sieg, Niederlage oder Unentschieden“bei der Wahl „hier und heute“eine friedliche Übergabe zusichere. Der Republikaner Trump tritt bei der Wahl gegen Herausforderer Joe Biden von den Us-demokraten an.
Zwar bemühte sich das Weiße Haus am Donnerstag um Klarstellung. „Der Präsident wird die Ergebnisse einer freien und fairen Wahl akzeptieren“, erklärte Präsidialamtssprecherin Kayleigh MCEnany. Doch die Empörung blieb groß: Senator Mitt Romney, einer der schärfsten Kritiker von Trump in den Reihen der Republikaner, schrieb auf Twitter: „Der friedliche Machtwechsel ist grundlegend für die Demokratie; ohne das gibt es Belarus. Jegliche Andeutung, dass ein
Präsident diese Garantie der Verfassung nicht respektieren könnte, ist inakzeptabel.“
In seiner Antwort hattetrump mit Blick auf den steigenden Anteil von Briefwählern erneut vor Betrug bei der Erfassung gewarnt, ohne dafür stichhaltige Beweise zu nennen. Der Präsident machte unmissverständlich deutlich, dass es ohne die Stimmzettel aus der Briefwahl seiner Ansicht nach zu keinem Machtwechsel, sondern zu einer Fortsetzung seiner Regierung kommen werde. „Es wird, offen gesagt, keinen Wechsel geben. Es wird eine Fortsetzung geben“, unterstrich Trump.
Wegen der Corona-pandemie wird in den Vereinigten Staaten mit erheblich mehr Briefwählern gerechnet. Daher könnte sich die Auszählung der Stimmen verzögern und der Wahlsieger anders als bei den meisten vergangenen Präsidentenwahlen nicht in der Wahlnacht feststehen, sondern erst einige Tage nach der Wahl oder noch später.
Zahlreiche Demokraten und ihre Anhänger befürchten, dass Trump die Rechtmäßigkeit der Abstimmung insgesamt in Frage stellen könnte und mit seinen Warnungen vor Wahlbetrug dafür seit Wochen den Boden bereitet. Bereits im August hatte Trump gesagt, tatsächlich könne er die Wahl nur verlieren, „falls diese manipuliert ist“. Den Demokraten wirft er vor, durch die Förderung der Briefwahl in den von ihnen regierten Bundesstaaten einen „Wahlbetrug“zu planen. Die Republikaner haben mehrere Klagen gegen die Briefwahl angestrengt. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass das Wahlergebnis angefochten wird. Er glaube, das Ergebnis werde vor dem Supreme Court enden, sagte Trump. Dort sind die konservativen Richter in der Mehrheit.
Die Us-sicherheitsbehörden hatten am Dienstag gewarnt, dass Akteure aus dem Ausland und Cyberkriminelle die Zeit zwischen dem Wahltag und dem Vorliegen von Ergebnissen für die Verbreitung von Desinformationen hinsichtlich des Ergebnisses ausnutzen könnten, um den Wahlprozess zu diskreditieren und das Vertrauen in die demokratischen Institutionen der USA zu untergraben.
Zu Trumps Aussage bemerkte dessen Herausforderer Biden: „Er sagt die irrationalsten Dinge. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“Auch der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, kritisierte Trumps Äußerung: „So stirbt die Demokratie. Ein Präsident, der so verzweifelt an der Macht festhalten will, dass er sich nicht zu einem friedlichen Machtwechsel verpflichten will.“Schumer twitterte: „Präsident Trump: Sie sind kein Diktator, und Amerika wird es Ihnen nicht gestatten, einer zu werden.“
Trump hat bereits im Juli in einem Interview des Senders Fox News auf die Frage, ob er das Wahlergebnis akzeptieren werde, geantwortet: „Das muss ich sehen.“Im Wahlkampf 2016 hatte Trump gesagt: „Ich werde die Ergebnisse dieser großartigen und historischen Präsidentschaftswahl voll und ganz akzeptieren, wenn ich gewinne.“