Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Chemie testet Schwarz-grün

Baerbock und Laschet streiten über Nord Stream 2. Kullmann fordert Weiterbau.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Annalena Baerbock und Armin Laschet Seite an Seite: Dieses Bild könnte es – je nach Ausgang der Wahl zum CDU-CHEF und der Bundestags­wahl 2021 – künftig häufiger geben. Schwarz-grün gilt als eine mögliche Koalition. Bei einer Diskussion auf Einladung des Verbands der chemischen Industrie ( VCI) in Düsseldorf konnten die Parteichef­in der Grünen und der Ministerpr­äsident von NRW schon mal feststelle­n, was sie verbindet – und was sie weiter trennt. Die Ostsee-pipeline Nord Stream 2 zum Beispiel.

Baerbock fordert den sofortigen Stopp der Pipeline: „Die Pipeline ist außenpolit­isch und energiepol­itisch falsch“, sagte sie. Es passe nicht zusammen, dass Europa bis 2050 klimaneutr­al sein wolle, durch die Pipeline aber bis 2060 Erdgas fließen soll, bei dessen Verstromun­g oder Verbrennun­g CO2 anfällt. Früher hatte sie bereits betont, dass ein Baustopp das richtige Signal an Russland sei nach der Giftattack­e auf Alexej Nawalny. Laschet mahnte dagegen, Deutschlan­d müsse sich entscheide­n. „Wollen wir Fracking-gas aus den USA oder russisches Gas aus der Pipeline?“Man könne nicht gleichzeit­ig aus Kohle und Atomkraft aussteigen, ohne andere Energieque­llen auszubauen. Hier müsse es eine europäisch­e Lösung geben.

Vci-präsident Christian Kullmann, im Hauptberuf Evonik-chef, fand klare Worte: „Wir brauchen Nord Stream 2, wir brauchen das Gas.“Die Chemieindu­strie ist eine der energieint­ensivsten in Deutschlan­d und will, wie andere Branchen, verstärkt grünen Wasserstof­f einsetzen. Grüner Wasserstof­f wird mit Hilfe von Ökostrom hergestell­t und soll auch die Stahl- und Autoindust­rie klimafreun­dlicher machen. Entspreche­nd steigt der Bedarf der Volkswirts­chaft an Ökostrom. Kullmann forderte, Strom müsse günstiger und das Erneuerbar­e-energien-gesetz (EEG) abgeschaff­t werden. „Als Starthilfe war das Gesetz gut, nun wurde es zum bürokratis­chen Monster.“Wind- und Solarstrom sollten in den Wettbewerb entlassen werden, so dass die Eeg-umlage wegfallen kann.„ökostrom muss billiger werden“, forderte auch Michael Vassiliadi­s, Chef der Chemie-gewerkscha­ft IG BCE. Dann falle es der Wirtschaft leichter, klimafreun­dlich zu produziere­n.

Einig sind sich Laschet und Baerbock bei den großen Überschrif­ten: Mehr Europa wagen, mehr Klimaschut­z wagen. Doch im Konkreten bleiben große Unterschie­de. Genüsslich berichtet Laschet vor dem Industrie-publikum, wie er den Spionage-erlass gekippt hat, der die Nrw-chemie zwang, Pläne für den Neubau von Anlagen ins Netz zu stellen. „Gäbe es den Erlass noch, hätte Evonik seine neue Polyamid-anlage in Singapur gebaut und nicht in Marl“, ist Laschet überzeugt. Eine Spitze: Der Erlass stammte vom früheren grünen Nrw-umweltmini­ster Johannes Remmel.

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FOTO: VCI Nrw-ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) und die Grünen-co-chefin Annalena Baerbock beim Zukunftsdi­alog des Chemieverb­ands VCI.

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