Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Nachhaltige Kleidung liegt voll im Trend
Viele kleine und große Label verkaufen mittlerweile Mode, die ökologisch und nach sozialen Standards produziert wird. Die Nachfrage wird größer, doch noch dominiert billige und umweltschädliche Bekleidung den Markt. So viel geben Deutsche für Mode aus
DÜSSELDORF Jeder Deutsche kauft im Jahr durchschnittlich rund 60 neue Kleidungsstücke. Laut der Umweltschutzorganisation Greenpeace stammen nach wie vor mehr als 90 Prozent davon aus Asien, insbesondere aus China, Bangladesch oder Indien. Die Kleidungsstücke werden oftmals unter schlechten Arbeitsbedingungen und mit katastrophalen Folgen für die Umwelt hergestellt – obwohl es mit nachhaltiger Kleidung längst eine echte Alternative gibt.
Was ist nachhaltige Kleidung? Der Begriff steht für Bekleidung aus umweltfreundlichen Materialien. Oft besteht die Kleidung aus Bio-baumwolle, doch Modefirmen benutzen zum Teil auch ungewöhnlichere Rohstoffe wie Leinen, Hanf, Kork, Holz, Algen oder sogar Plastikflaschen. Bei der Herstellung von nachhaltiger Kleidung werden zudem gewisse soziale Standards erfüllt. Nachhaltige Kleidung soll so dabei helfen, negative Trends zu stoppen.
Denn 40 Prozent der gekauften Kleidung ziehen Konsumenten nach Angaben des Bundesumweltministeriums nie oder nur selten an. Weltweit wird zudem nur weniger als ein Prozent des für die Textilproduktion eingesetzten Materials erneut für die Herstellung von Kleidung wiederverwendet. „Seit Jahren gibt es Entwicklungen im globalen Textilsektor, die nicht nachhaltig sind: immer mehr, immer billiger, immer schneller“, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze dazu Anfang des Jahres zum Auftakt der Berlin Fashion Week.
Woran ist nachhaltige Kleidung zu erkennen? Verbraucher können bei ihrer nächsten Shopping-tour auf bestimmte Siegel achten. Besonders empfehlenswert ist laut dem Umweltbundesamt das GOTS-SIEgel (Global Organic Textile Standard). Das Siegel gibt an, dass 95 Prozent der eingesetzten Fasern aus biologischer Landwirtschaft stammen. Noch besser ist nach Ansicht der Verbraucherzentrale das Siegel „IVN Best“vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft. Es garantiert, dass die Naturfasern zu 100 Prozent ökologisch zertifiziert sind, Mindestlöhne gezahlt werden und keine Kinder in der Produktion arbeiten.
Das Siegel „Grüner Knopf“wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit ebenfalls an Hersteller der Textilbranche vergeben, die eine Reihe sozialer und ökologischer Mindeststandards einhalten. Mittlerweile beteiligen sich über 50 Unternehmen, die im ersten Halbjahr 2020 mehr als 50 Millionen Artikel mit dem „Grünen Knopf“verkauft haben. Das Ministerium sieht das Siegel deshalb als Erfolg. Verbraucherschützer hoffen allerdings angesichts des noch überschaubaren Marktanteils von maximal drei Prozent, dass es sich weiter durchsetzt.
Wo gibt es nachhaltige Kleidung zu kaufen? Mittlerweile gibt es viele kleine Labels, die regional produzierte und nachhaltige Kleidung verkaufen. Aus NRW sind das zum Beispiel „Wijld“( Wuppertal), „Fuxbau“(Münster) oder „Circlestances“(Düsseldorf). Doch sie tun sich noch schwer gegen große und billige Modeketten. „Ökologisch produzierte Textilien sind nach wie vor ein Nischensegment“, teilt das Umweltbunddesamt mit. Der Marktanteil von Textilien und Bekleidung mit einem Umweltlabel sei in Deutschland mit 0,87 Prozent im Jahr 2018 verschwindend klein. Der Umsatz betrug dennoch bereits 425 Millionen Euro.
Wie die Verbraucherzentrale angibt, wünschen sich immer mehr Verbraucher sozial-ökologisch hergestellte Kleidung. Deshalb gibt es
Nachfrage Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes haben Verbraucher im Jahr 2018 knapp 78 Milliarden Euro für Bekleidung ausgegeben. Pro Haushalt waren das im Schnitt 122 Euro monatlich.
Angebot Bis zu 24 Kollektionen entwerfen große Modelabels jährlich. Produziert wird immer schneller und billiger – zu Lasten der Umwelt und der Qualität.
nachhaltige Anziehsachen auch immer mehr bei großen, internationalen Modefirmen. Online-anbieter wie Zalando oder About You bieten schon länger Fair Trade-mode von vielen Herstellern an. Auch Modeketten, die häufig im Verruf stehen, lediglich billige Kleidung zu verkaufen, sind längst auf den Zug aufgesprungen. Das schwedische Textilunternehmen H&M wirbt beispielsweise seit kurzem mit einer komplett nachhaltigen Kollektion.
Was kostet nachhaltige Kleidung? Sie ist meist teurer als gewöhnliche Mode, weil sich Preise wie drei Euro für ein T-shirt oder zehn Euro für eine Hose bei einer ökologischen Produktionsweise schlecht halten lassen. Doch auch bei nachhaltigen Labels gibt es teils große Preisunterschiede. Die günstigeren Stücke sind oft nur etwas teurer als konventionelle Markenware. Der Vorteil von nachhaltiger Mode ist dabei, dass sie länger hält und Verbraucher unter dem Strich seltener einkaufen müssen. Experten gehen daher davon aus, dass diese so langfristig Geld sparen können.