Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Der ewige Finne

Kimi Räikkönen könnte am Sonntag beim Großen Preis von Russland den Formel-1-rekord für die meisten Grand-prix-starts einstellen.

- VON CHRISTIAN HOLLMANN

SOTSCHI (dpa) So richtig ernst nimmt Kimi Räikkönen die Formel 1 ganz offenbar noch immer nicht. Der 40-Jährige könnte zwar am Sonntag in Sotschi den Rekord für die meisten Grand-prix-starts einstellen, für den Zirkus rund um die glatt polierte Rennserie aber hat der Finne bis heute wenig übrig. Gerade erst amüsierte er seine Fans bei Instagram mit etwas Spott über ein gewagtes Outfit von Weltmeiste­r Lewis Hamilton und stellte ein Partyfoto dazu, das ihn selbst mit gläsernem Blick und Zigarette zeigt. „Keine Angst, es ist noch nicht alles verloren“, schrieb Räikkönen dazu.

Unangepass­t auf seinem ganz eigenen Weg ist der „Iceman“aus Espoo auch im hohen Rennfahrer-alter noch unterwegs. Da hat er sich über die Jahre nicht geändert. Als Räikkönen vor 19 Jahren und sechs Monaten in Australien sein Formel-1-debüt gab, war Gerhard Schröder Bundeskanz­ler, die No Angels standen mit „Daylight“an der Spitze der deutschen Charts und Mclaren-pilot Lando Norris lernte als Einjährige­r gerade Laufen. Wenn Räikkönen nun am Sonntag (13.10 UHR/RTL und Sky) in seinem Alfa-romeo das Rennen in Sotschi aufnimmt, wäre es sein 322. Start in einem Grand Prix. So viele hatte zuvor nur der Brasiliane­r Rubens Barrichell­o geschafft.

Dabei hatte Räikkönen schon einmal genug von der Formel 1. Nach seinem Einstieg bei Sauber und fünf Jahren bei Mclaren wurde er 2007 als Ferrari-nachfolger von Michael Schumacher der bislang letzte Weltmeiste­r der Scuderia. Danach aber ließ die Lust des Finnen nach, Ende 2009 verließ er Ferrari und fuhr stattdesse­n in der Rallye-wm. „Es ist ganz einfach: Ich liebe den Rennsport“, sagte er jüngst. In welchem Auto, das ist für Räikkönen nicht ganz so wichtig.

2012 kehrte er doch wieder zurück, erst im Lotus, dann als zweiter Mann neben Kumpel Sebastian Vettel erneut bei Ferrari. Bei Alfa-romeo, dem früheren Sauber-team, schließt sich nun der Kreis. Auch wenn es für den 21-maligen GrandPrix-sieger nicht mehr wirklich für vordere Plätze reicht, sammelt Räikkönen Rekorde. Der Pilot mit den meisten Rennrunden und den meisten Renn-kilometern in der Formel 1 ist er schon, rechnerisc­h hat er bei seinen Grand-prix-teilnahmen dabei tatsächlic­h zweimal die Erde umrundet.

Am Saisonende läuft Räikkönens Vertrag aus, in drei Wochen wird er 41. Zeit für den endgültige­n Abschied? Das ist zumindest für Teamchef Frederic Vasseur keineswegs ausgemacht. „Erst einmal muss uns Kimi wissen lassen, was er tun will, und wir müssen entscheide­n, was wir mit ihm vorhaben. Dann werden wir weitersehe­n“, sagte der Franzose.

Räikkönen gibt sich unentschlo­ssen. „Es wird einen Punkt geben, an dem ich zu Hause sein und andere Dinge tun möchte“, sagte der Fan259

Riccardo Patrese (Brasilien) 256 Jarno Trulli (Italien) 252

Sebastian Vettel (Heppenheim) 249 liebling unumwunden. In der Corona-zwangspaus­e genoss er die unverhofft­e Freizeit mit Gattin Minttu und den zwei Kindern. Die Familien-idylle zeigt der Rennfahrer inzwischen öfter in den sozialen Netzwerken. Die Eskapaden mit viel Alkohol und wilden Nächten zwischen den Rennen, über die er offen in seiner Biografie berichtet, liegen hinter ihm.

Auch wenn es nicht ausgeschlo­ssen ist, dass Räikkönen noch ein Jahr dranhängt und dann vielleicht Fahrlehrer für Mick Schumacher bei Alfa-romeo werden könnte, vermissen wird der Finne die Formel 1 eher nicht. „Wenn ich aufhöre, werde ich schon eine Menge andere Sachen finden, um mich zu beschäftig­en“, versichert­e Räikkönen.

 ?? FOTO: GERO BRELOER/DPA ?? Sein größter Erfolg: Kimi Räikkönen feiert am 21.Oktober 2007 in Sao Paulo als Ferrari-pilot den Gewinn des Wm-titels.
FOTO: GERO BRELOER/DPA Sein größter Erfolg: Kimi Räikkönen feiert am 21.Oktober 2007 in Sao Paulo als Ferrari-pilot den Gewinn des Wm-titels.
 ?? FOTO: DPA ?? Kimi mit Frau Minttu.
FOTO: DPA Kimi mit Frau Minttu.

Newspapers in German

Newspapers from Germany