Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Union will flexiblere Riester-garantien
Die Unionsfraktion erhöht den Druck für eine Reform der Riester-rente. Anfang Oktober soll es dazu Gespräche mit der SPD geben. Eine Idee: Die Auszahlungsgarantie für eingezahlte Beiträge könnte fallen. Verbände üben scharfe Kritik.
BERLIN Seit Jahren dümpelt die Riester-rente vor sich hin, beliebt ist sie schon lange nicht mehr. Jetzt will die Bundesregierung ihr neues Leben einhauchen und diese Form der privaten Altersvorsorge reformieren. Insbesondere die Unionsfraktion dringt auf einen zügigen Prozess. Nach Informationen unserer Redaktion wollen die Koalitionspartner von CDU, CSU und SPD auf Arbeitsebene am 5. Oktober im Bundesfinanzministerium mögliche Eckpunkte der Reform beraten. Ein Gesetzentwurf soll bis Jahresende folgen, die Union will die Änderungen noch in dieser Legislaturperiode verabschieden.
Hintergrund sind Verständigungen zur bereits beschlossenen Grundrente. Sie war ein Lieblingsprojekt der SPD, ebenso die Stärkung der Betriebsrenten. Die Union verlangte dafür grundlegende Änderungen der Riester-rente, die seit langem als unflexibel, teuer, kompliziert und renditeschwach gilt. Rund 16,5 Millionen Verträge gibt es, zuletzt kamen kaum neue hinzu. Und nach Angaben der Versicherungswirtschaft ruht etwa ein Fünftel davon. Die Besitzer legen also kein Geld zurück, es gibt dann keine staatlichen Zulagen. Experten werten das als Hinweis, dass viele Kunden den Sinn der Vorsorge gemessen an der Rendite nicht mehr sehen. Im Mai hatte die Aktuarvereinigung der Versicherungsmathematiker ausgerechnet, dass sich wegen der geringen Zinsen am Markt der Abschluss neuer Riester-verträge ab 2021 nicht mehr lohnen würde.
In der Unionsfraktion ist man alarmiert. Bereits Anfang Juli hatten die Arbeitsgruppen für Finanzen und Arbeit und Soziales ein Eckpunktepapier verfasst und an Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) geschickt. Es sieht unter anderem vor, die einhundertprozentige Auszahlungsgarantie für eingezahlte Beiträge zu kippen. Wie es aus Fraktionskreisen hieß, könnten Riester-kunden dann künftig entscheiden, ob sie statt der vollständigen Auszahlungsgarantie nicht lieber einen höheren Aktienanteil und damit die Chance auf eine höhere Rendite wählen wollen. Dem Vernehmen nach sollen die Experten im Bundesfinanzministerium zunächst offen für diesen Vorschlag gewesen sein, nach scharfer Kritik aus dem von Hubertus Heil (SPD) geführten Arbeitsministerium aber einen Rückzieher gemacht haben. Wie es am 5. Oktober weitergeht, ist offen.
Das Arbeitsministerium teilte auf Anfrage mit: „Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien vereinbart, die private Altersvorsorge weiterzuentwickeln und gerechter zu gestalten.“In der Zwischenzeit habe ein Dialogprozess mit Anbietern von Riesterrenten-produkten, Verbraucherschützern und Sozialpartnern stattgefunden. „Auf der Grundlage dieses Dialogs und auch vor dem Hintergrund der Empfehlungen der Rentenkommission wird die Regierungskoalition demnächst Möglichkeiten für eine Fortentwicklung der Riester-rente erörtern.“
Sozialverbände sehen die Reform kritisch und warnen vor einer flexibleren Auszahlungsgarantie. Vdk-präsidentin Verena Bentele sagte: „Die Riester-rente ist klinisch tot, die jetzt geplanten Spritzen kommen den Versicherungskonzernen zugute.“Bentele sprach sich für eine Stärkung der gesetzlichen Rente aus. Das sieht der Präsident des Sozialverbandes Deutschland, Adolf Bauer, ebenso. „Die fortschreitende Absenkung des Rentenniveaus muss sofort gestoppt und das Niveau perspektivisch wieder so angehoben werden, dass Rentnerinnen und Rentner von ihrer gesetzlichen Rente gut leben können“, sagte er.