Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Halt im großen Kreislauf des Lebens
In meiner regelmäßigen Bibellektüre war dieser mindestens auf den ersten Blick provozierende Text des theologischen Philosophen Kohelet wieder einmal dran: „Das ist alles Windhauch“, beschreibt Kohelet seine Welt, das Tun und Lassen der Menschen. Das Leben in der Natur ist ihm
Bild für das Mühen der Menschen: Ein ewiges Gedeihen und Untergehen – durch nichts zu verhindern –, es ist einfach der Lauf der Dinge, des Lebens eben.
Kohelet redet damit nicht dem „Hände-in-den-schoß-legen“das Wort, weil ja ohnehin alles seinen Weg geht und der Vergänglichkeit unterworfen ist. Sorgsam auf die Zeichen der Zeit schauen, sehen, welche Veränderungen sich zeigen – diese nicht verleugnen, sondern damit umgehen und „beweglich“bleiben – diese Haltung will Kohelet seinen Lesern vermitteln.
Auf eigenartige Weise ist das für mich tröstlich: Mein Tun und Lassen ist nicht für die Ewigkeit bestimmt – tröstlich, wenn der gut gemeinte Appell überhört wird, die so ambitionierte Veranstaltung nur geringes Echo findet, Mühen vergeblich blieben.
Genauso ist es mir immer wieder eine Zumutung, wenn ich erfahren muss, dass sich der dauernde Kreislauf von Werden und Vergehen mit noch so guten Konzepten und Ideen einfach nicht aufhalten und der ideale Jetztzustand nicht festhalten lässt.
„Alles Windhauch“: Es tut mir gut, gerade diesen Abschnitt aus dem Kohelet-buch der Bibel zu lesen: Er macht mich ein wenig nüchterner und lässt mich einen Moment länger auf die Zeichen der Zeit schauen, damit ich die Bewegungen im großen Kreislauf des Lebens wahrnehmen kann.
Woran halte ich mich fest in diesem ewigen Kreislauf, der sich zu allem Überfluss immer mehr zu beschleunigen scheint? Was bleibt gewiss, wenn alles Tun und Lassen der Ungewissheit des Wandels unterworfen ist?
Aus dem neuen Testament kommt mir die Erzählung von der Taufe Jesu in den Sinn: Seinerzeit lag Wandel in der Luft, die Lust auf Veränderung, auf Erneuerung war mit Händen zu greifen. Als Jesus von der Taufe (das äußere Zeichen, dass auch er sich auf die Veränderungsstimmung einlassen will und wird) aus dem Fluss steigt, nehmen er und die umstehenden die Zusage Gottes war: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.“Das trägt Jesus und hält ihn: festes Vertrauen auf Gott.
Ob mir, ob uns heute gelingt, in allem Wechsel und Wandel Jesus als
Vorbild zu haben?