Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Die Energie hoher Erwartungen
Die Wahl der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters ist mit hohen Erwartungen befrachtet. Bisweilen überfrachtet. Gewählt wird schließlich ein Verwaltungschef (oder -chefin), keine Alleinherrscherin (oder -herrscher). Egal, wie pointiert und deutlich eine jeweilige Position zu einem Thema sein mag: Er oder sie hat im neuen Stadtrat auch nur eine einzige Stimme. Ob irgendwo ein Gewerbe- oder ein Wohngebiet entsteht oder nicht, das entscheidet kein einzelner Mensch freihändig nach Gutdünken. Das machen immer noch die Männer und Frauen, die im Rat sitzen.
Es liegt aber eine Chance auch in zu hohen Ansprüchen. Nämlich die, dass man die Erwartungen geraderücken und dabei zugleich die emotionale Kraft weiter füttern kann, die dahinter steckt. Das ist eigentlich die Stunde der Lokalpolitik: Gerade jetzt interessieren sich Menschen dafür, was warum in ihrer Stadt geschieht. Jetzt sind sie im Boot der politischen Arbeit. Da sollen sie drin bleiben.
Man wird dazu ein paar Barrieren überwinden müssen. Der heißgelaufene Wahlkampf wurde in den sozialen Netzwerken zuletzt ziemlich schmutzig. Es gab persönliche Angriffe, Gerüchte, Halbwahrheiten. Das einzig Gute daran: Beide Seiten, also Anhänger beider Kandidaten, haben sich darüber beklagt. Vielleicht entlastet es sie ja ein wenig, zu erfahren, dass die politischen Gegner sich genau so schlecht behandelt fühlen. Gleichstand auf dem Feld der Nickeligkeiten.
Es liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen, zu einem fairen Umgang zurückzukehren. Die Lokalpolitik kann aber mit gutem Beispiel vorangehen. Sie kann sich offen für sachliche Auseinandersetzungen zeigen, denn das ist es, was die Leute eigentlich wollen. Sie kann weiterhin auf die Bürger zugehen, um ihre Positionen zu erklären. Egal, wer nach der Wahl auf dem Chefsessel im Rathaus sitzt: Dinslaken wird von politischen Mehrheiten weiter gestaltet. Je mehr Menschen laufend mitbekommen, was da los ist, desto besser.
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