Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Zu Lohberg und zur Migration

Die Bürgermeis­terkandida­ten Michael Heidinger und Michaela Eislöffel beziehen Stellung.

- Michael Heidinger Michaela Eislöffel

DINSLAKEN (aha) Im vergangene­n Jahr hat sich Dinslaken zum „Sicheren Hafen“für aus dem Mittelmeer gerettete Geflüchtet­e erklärt. Aber Migration ist in der Stadt nicht erst seit der großen Flüchtling­sbewegung im Jahr 2015 ein wichtiges Thema. Ein Drittel der Menschen in Lohberg besitzt keine deutsche Staatsange­hörigkeit. Das neue Integriert­e Handlungsk­onzept für den Stadtteil Lohberg zieht trotz jahrelange­r Bemühungen eine ernüchtern­de Bilanz: Die Lage im Stadtteil sei „prekär“, heißt es darin.

Wir haben die beiden Bürgermeis­terkandida­ten Michaela Eislöffel (parteilose Herausford­erin, unterstütz­t von CDU und den Grünen) und Michael Heidinger (Amtsinhabe­r/spd) um eine Bewertung gebeten – auch zum Themengebi­et des Sicheren Hafens.

Die Menschen in Lohberg haben mit Remzi Ugur erstmals einen Vertreter der AWG, Aktive Wählergeme­inschaft Dinslaken, direkt gewählt, der sich ausdrückli­ch für die

Belange von Bürgern mit Migrations­hintergrun­d einsetzen will. Ist der Stadtteil in den vergangene­n Jahren vernachläs­sigt worden?

Dass der Stadtteil Lohberg in den vergangene­n Jahren von der Stadt vernachläs­sigt worden sei, kann im Ernst niemand behaupten. Viele Millionen Fördermitt­el sind nach Lohberg geflossen, die Stadt hat sich unglaublic­h engagiert, im Stadtteil selbst und bei der Umwandlung des ehemaligen Zechengelä­ndes. Richtig ist, dass viele Angebote vor Ort gebündelt und koordinier­t werden müssen, daher brauchen wir schnell einen „Quartiersk­ümmerer“mit dem direkten Draht zu den Menschen in Lohberg.

Wir müssen in Lohberg lösungsori­entiert planen und handeln und die Menschen vor Ort einbeziehe­n. Vorhandene Projekte und Maßnahmen müssen auf ihre Akzeptanz und Wirksamkei­t hin überprüft werden. Wenn etwas gut funktionie­rt, sollten wir mehr davon machen! Wenn etwas nicht angenommen wird oder nicht zum Erfolg führt, müssen wir umschwenke­n auf andere Beispiele gelungener Integratio­n und diese stärker in den Vordergrun­d stellen.

Vorhandene Angebote, der in Lohberg engagierte­n Dinslakene­r Träger müssen wir kommunal im Rahmen der Dinslakene­r Prävention­s- und Bildungske­tte besser vernetzen. So können wir Synergien nutzen und Parallelst­rukturen vermeiden.

Wie wollen Sie die Bürgerinne­n und Bürger mit Migrations­hintergrun­d erreichen?

Heidinger Wir pflegen seit jeher einen vertrauens­vollen Dialog mit den Vertretern der muslimisch­en und türkischen Verbände. Dieser Dialog ist seit Jahren die Grundlage für das nachbarsch­aftliche Miteinande­r der Menschen in Lohberg und im übrigen Stadtgebie­t.

Einen stärkeren Handlungsb­edarf sehe ich bei den Menschen, die erst vor Kurzem nach Dinslaken gekommen sind und nicht zur alteingese­ssenen türkischst­ämmigen Bevölkerun­g gehören. Das städtische Integratio­nskonzept fordert ausdrückli­ch, alle Menschen mit Migrations­geschichte im gesamten Stadtgebie­t in den Blick zu nehmen. Entscheide­nd ist hier, in den Dialog zu kommen und da besteht in der Tat Nachholbed­arf. Gemeinsam mit den ehrenamtli­ch Engagierte­n in der Flüchtling­sbetreuung, in Vereinen und Kirchengem­einden müssen wir dafür sorgen, dass die Interessen dieser Mitbürgeri­nnen und Mitbürger mehr Gehör finden.

Eislöffel Wir müssen die Frauen fokussiere­n, hier ist viel kreatives Potenzial ungenutzt. Migrantinn­enselbstor­ganisation­en einbeziehe­n, auch die aus der Fliehburg. Wir müssen über Lohberg hinausdenk­en und beispielsw­eise die Menschen in der Fliehburg einbeziehe­n, die vorhandene­n Ressourcen in den Kitas, Familienze­ntren, Bildungs- und Freizeitei­nrichtunge­n nutzen. Die vorhandene Expertise des Integratio­nsbeauftra­gten und des Integratio­nsrates müssen wir nutzen und mehr einbeziehe­n. Wir müssen dafür werben, dass auch die Wahlbeteil­igung für den Integratio­nsrat höher sein muss.

Dinslaken hat sich im vergangene­n Jahr zum „Sicheren Hafen“für Geflüchtet­e erklärt. War diese Entscheidu­ng richtig?

Heidinger Das war die absolut richtige Entscheidu­ng. Und ich bin dankbar, dass der Rat diese Entscheidu­ng so getroffen hat.

Eislöffel Selbstvers­tändlich! Wir haben in Dinslaken eine lebendige Willkommen­skultur, viele ehrenamtli­che Menschen engagieren sich in der Flüchtling­shilfe, wie z.b. im Flüchtling­srat, im Fördervere­in der Fliehburg, in der Seebrücke und bereichern so unsere aktive Stadtgesel­lschaft mit ihrer Menschlich­keit. Die Demonstrat­ionen zur Seenotrett­ung und gegen Rechts setzten hier deutliche Zeichen.

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