Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Ab in die Krone für mehr Sicherheit
Grüne Städte sind wichtig für Mensch und Natur. Für die Pflege der Bäume gibt es extra Baumpfleger. Der Beruf fordert Sachverstand und Fitness.
(tmn) Auf Bäume klettern? Das weckt vielleicht Kindheitserinnerungen. Doch auch Erwachsene können auf Bäume klettern, sogar beruflich. Denn Baumpfleger kümmern sich um Ästhetik, Gesundheit und Sicherheit von Bäumen, damit nicht etwa kaputte Äste auf Passanten und Autos fallen. Dafür geht es für sie oft hoch hinein in die Baumkrone: entweder mit der Hebebühne oder mit dem Kletterseil.
„Bäume brauchen keine Baumpflege. Das reguliert die Natur. Wir brauchen Baumpflege nur wegen der Menschen“, erklärt Wulf Schneider. Der geprüfte Fachagrarwirt für Baumpflege und Baumsanierung klettert seit zwölf Jahren fast jeden Tag auf Bäume. Er kümmert sich dabei um die Optik, aber auch um die Verkehrssicherheit.
Fußgängerwege haben beispielsweise eine vorgeschriebene Durchgangshöhe von 2,5 Metern. Niedrigere Äste, die in den Fußgängerweg hineinragen, müssen entfernt werden. „Ziel der Baumpflege ist es, möglichst viele Bäume zu erhalten“, sagt Schneider. Denn sie dienen nicht nur der Sauerstoffbildung, sondern haben auch einen ästhetischen und einen psychologischen Effekt.
Wer sich für den Beruf interessiert, hat verschiedene Einstiegsmöglichkeiten – eine einheitliche Ausbildung gibt es nicht. Viele sind Quereinsteiger aus sogenannten grünen Berufen in Bereichen wie Gartenbau oder Forstbetrieb. Meist beginnt die Ausbildung mit dem Seilklettertechnik-kurs A (SKT-A-KURS). Teilnahmevoraussetzungen sind lediglich ein Erste-hilfe-kurs und eine arbeitsmedizinische Untersuchung, weiß Merlin Fuchs von der Münchner Baumkletterschule.
Mit Helm, Seil, Klettergerät und Klettergurt ausgestattet, kann der Aufstieg beginnen. Dafür wird zuerst kontrolliert, ob der Baum stand- und die Äste bruchsicher sind. Anschließend wird ein Wurfseil in die höchstmögliche stabile Gabel geworfen. Daran lässt sich das Kletterseil hochziehen. Gelingt alles auf Anhieb, braucht ein geübter Baumkletterer gerade einmal zehn Minuten, bis er eine 30 Meter hohe Baumkrone erklommen hat – inklusive der Vorbereitung am Boden.
Der Einsatz hoch oben im Baum ist oft notwendig, um zu kontrollieren, ob es Schäden gibt oder nistende Tiere, die geschützt werden müssen.
Aber auch wenn eine normale Fällung nicht möglich ist, sind Baumkletterer gefragt, um den Baum von oben herab Stück für Stück abzutragen.
Der Fokus im SKT-A-KURS liegt auf der Klettertechnik, im SKT-B-KURS geht es vor allem um den Umgang mit der Motorsäge. Die Baumkunde wird nur am Rand behandelt. Wer diese Kurse absolviert hat, sei laut Wulf Schneider also noch nicht in der Lage, eigenständig zu entscheiden, ob Äste entfernt oder gar ein ganzer Baum gefällt werden müssen. Für ihn sind daher die optionalen Lehrgänge „European Tree Worker“(ETW) und „European Tree Technician“(ETT) Voraussetzung für verantwortungsvolle Baumpflege. Diese Fortbildungen sind in fast ganz Europa anerkannt.
Fundiertes Fachwissen, eine sorgfältige Arbeitsweise und die Orientierung am „ZTV-REgelwerk“, den Vorgaben zur fachgerechten Baumpflege, sind für Schneider die wichtigsten Grundlagen. Nach seinen Worten sollten Subunternehmer für einen Tag Baumpflege etwa 350 bis 400 Euro verdienen. Für zusätzliche Leistungen wie eine Fällung sollte es einen Aufschlag geben.
„Der Job ist mit Risiken verbunden“, sagt Merlin Fuchs. Gute Teamarbeit und ein ausgeprägtes Sicherheitsbewusstsein seien unerlässlich.