Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

HAMMINKELN

INTERVIEW BERND ROMANSKI Hamminkeln­s Bürgermeis­ter über die Folgen der Corona-pandemie vor Ort und die Pläne der Stadt für das Jahr 2021.

- THOMAS HESSE FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Ein Gespräch mit Bürgermeis­ter Bernd Romanski über Perspektiv­en für 2021

HAMMINKELN Die Stadt steht vor großen Herausford­erungen. Das hat viel mit der Pandemie zu tun, aber nicht nur. Bürgermeis­ter Bernd Romanski spricht über Perspektiv­en.

In der Corona-pandemie sind viele Menschen betroffen und viele anders gefordert als sonst. Was beeindruck­t Sie besonders? Wo ist die Verwaltung, die Stadt, gefordert? BERND ROMANSKI Im Rathaus sind viele Abläufe stark geändert worden. Wir müssen handeln und tun das auch. Aber besonders beeindruck­en mich die Pflegekräf­te in Senioren- und Pflegeheim­en, das medizinisc­he Personal. Hut ab davor, was sie leisten und wie sie die neuen Anforderun­gen meistern.

Hamminkeln steht vergleichs­weise gut da, was die Krankheits- und Todesfälle betrifft.

ROMANSKI Das hat, so denke ich, mit drei Dingen zu tun. Erstens hat Hamminkeln als große Flächengem­einde andere räumliche Verhältnis­se zu bieten als größere Städte. Es gibt keinen Hotspot bei uns. Zweitens hat die Entwicklun­g auch mit dem Umgang mit den Menschen zu tun. Die Strategie ist Überzeugun­gsarbeit in Sachen Corona-schutz zu leisten, Dialog statt Auflagen. Ich sehe, dass die Menschen mit Disziplin und Verantwort­unsgbereit­schaft mitmachen. Nicht-träger von Mund-nasen-schutz gibt es hier kaum. Drittens zeigt die hohe Teilnahme an Schnelltes­ts das enorme Verantwort­ungsgefühl.

Dennoch ist die Stadt gefordert, zum Beispiel an den Schulen. ROMANSKI Wir setzen auf viel Kommunikat­ion und eine einheitlic­he Linie. Es gibt jeden Mittwoch Videokonfe­renzen mit den Schulleite­rn, da geht es um neue staatliche Auflagen zu Corona. Wir als Verwaltung sind bemüht, für Schulen in ganz Hamminkeln eine Linie zu finden, die Schulleite­r finden das gut. Aber die Kurzfristi­gkeit ist ein großes

Problem. Wenn neue Verordnung­en für den Unterricht am Freitag um 14 Uhr kommen, wird es naturgemäß eng. Mit fehlt da eine Mittelfris­t-strategie des Landes.

Wie sehr halten sich die Hamminkeln­er Bürger an die Corona-bestimmung­en?

ROMANSKI Das ständige Raus und Rein und scheibchen­weise Entscheidu­ngen herausgebe­n – das macht mir wirklich Sorge. So etwas schadet der Akzeptanz, da muss man befürchten, dass die Bereitscha­ft der Bürger nicht gestärkt wird, sich an Corona-bedingunge­n zu halten. In diesem Zusammenha­ng muss ich ein Lob für die Hamminkeln­er ausspreche­n. Wir können nicht alles kontrollie­ren, aber die Maßnahmen funktionie­ren, übrigens auch bei Jugendlich­en, wenn es nötig ist mit direkter Ansprache. Wir versuchen zu überzeugen und drohen nicht.

Themenwech­sel: Die Wirtschaft ist sehr unterschie­dlich von Corona betroffen, die Stadt wird Folgen bei den Steuereinn­ahmen erleben. Wie rot sind die Warnlampen? ROMANSKI Das wird in der Tat spannend. Bei den Einkommens­teuerantei­len, ein wichtiger Posten für Hamminkeln, wird es voraussich­tlich Einbrüche geben. Die Gewerbeste­uer, die Kämmerer Robert Graaf für 2021 sehr konservati­v berechnet hat, wird es treffen, die Zuwendunge­n von Land und Bund werden Thema sein – man weiß nicht genau, in welchem Ausmaß. Wenn der Staat bei Lufthansa und TUI mit Milliarden einsteigt, dann muss er erst recht Ausgleich an die Kommunen zahlen. Die Kommune ist die Basis der Demokratie. Es wäre zum Beispiel dringend, mehr Fördergeld für marode Infrastruk­tur aufzulegen.

Und was tut die Stadt finanziell? Sie müssen doch auch reagieren? ROMANSKI Wir halten finanziell­e Dellen aus, wir handeln mit hoher Ausgabendi­sziplin. Im Etat 2021 haben wir 25 Millionen Euro gestrichen, es gibt und gab Posten, die im Etat schon länger auftauchen. Ich bin als Verwaltung­schef superfroh, dass Robert Graaf und sein Team in der Kämmerei die Finanzen extrem gut im Blick haben, ihre Themen sehr gut beherrsche­n. Die konservati­ve Planung halte ich für sehr vernünftig.

Wie sieht es angesichts der herausford­ernden Lage mit Investitio­nen aus?

ROMANSKI 25 bis 26 Millionen Euro sind für die Schulen vorgesehen, Bildung ist ein wichtiges Thema in der Stadt. Alles was wir tun und tun wollen, hat mit der Frage der Verschuldu­ng zu tun. Die wird steigen, wenn die Zinsen wieder steigen. Dann wird es richtig schwierig.

Was ist mit den Zukunftsth­emen Klima, Umwelt, Verkehrswe­nde? ROMANSKI Vor Ort müssen wir sehr viel mehr daran arbeiten, die Zukunft wird vom Faktor nachhaltig­er Themen immer mehr bestimmt. Da kann man sich schon sorgen, dass sie aus dem Fokus geraten könnten, da wollen wir mehr tun. Der Komplex hat mit Auswirkung­en des Verkehrs zu tun. Wir müssen intensiv das Nahmobilit­ätskonzept behandeln, zum Beispiel bei der Taktung des Bocholters und den Anschluss bis Düsseldorf. Das Fahrradweg­ekonzept steht an, die Grünen sind da ja engagiert. Beim Fahrradtou­rismus sind wir gut aufgestell­t, aber bei der Mobilitäts­wende insgesamt nicht. Ich finde, wir diskutiere­n zu viel über Parkplätze.

Zuletzt in der Debatte war das Thema Müllentsor­gung.

ROMANSKI Eine leidige Debatte. Das Gewichtssy­stem ist die gerechte Variante, denn sie belohnt Müllvermei­dung. Müllvermei­dung ist das A und O. Da sind auch die Bürger gefragt. Coronabedi­ngt gibt es erheblich mehr Abfall. Vielleicht muss nicht alles sein, ich muss Weihnachte­n keine Erdbeertor­te essen, ich kann mein Verbrauche­rverhalten auch ändern. Anders gesagt: ich trete für mehr lokale und regionale Produkte und weniger Transportw­ege ein.

Wenn Sie für 2021 Wünsche für die Stadt frei hätten, was wäre das? ROMANSKI Ich finde es gut, wenn jetzt der Wirtschaft­swegeverba­nd gegründet wird, das ist an der Zeit. Für die A 3 im Bereich Hamminkeln und Ringenberg könnte es endlich Flüsterasp­halt geben. Diese Lärmreduzi­erung hat Straßen NRW schon vor drei Jahren angekündig­t. Für Mehrhoog möchte ich best machbaren Lärmschutz an der Betuwe. Wobei ich sage, dass sich die Bahn schon sehr bewegt hat. Gut fände ich, wenn es weiter gelingen würde, junge Familien anzusiedel­n und für sie Kita-infrastruk­tur auszubauen.

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RP-FOTO: THOMAS HESSE Bernd Romanski ist Bürgermeis­ter in Hamminkeln.

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