Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Aus Fehlern lernen
Erinnern Sie sich an den letzten Sonnenschein? Seit Tagen hängt das alltägliche Leben unter einen grauen Glocke, das mir aus der Seele spricht. Genau so eiskalt, verregnet und ungemütlich fühle ich mich zuletzt häufiger. Der kleine Aufbruch von Silvester, dass dieses elende Jahr 2020 endlich vorüber ist, die kleine Hoffnung, dass nun bald alles besser wird – es ist verflogen. Die Virus-mutation b117 geistert durch die Welt, die Infektionszahlen sinken nicht, eher im Gegenteil, und das mit dem Impfen ist auch etwas komplizierter als gehofft.
Auf den letzten Kilometern des pandemischen Marathons geht so manchem allmählich die Puste aus. Dass die Nerven blank liegen, hat nicht zuletzt der Streit zwischen dem Kreis Wesel und der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein in dieser Woche gezeigt. Landrat Ingo Brohl warf der KV vor, den Impfstart schlecht organisiert zu haben. Die KV bellte beleidigt zurück, dass da ein lokaler Akteur wohl gerne mehr zu sagen hätte. Das war unnötig, und das ist den Beteiligten auch klar. Man will nun Frieden wahren, zum Wohle der Sache. Richtig so.
Denn die offenkundigen Schwierigkeiten zu Beginn der Impfkampagne in den Senioren- und Pflegeeinrichtungen im Kreis Wesel werden nicht die letzten Probleme gewesen sein. Bald sollen die Bürger über 80 geimpft werden und das Verfahren mutet reichlich bürokratisch an. Erst sollen sie einen Brief bekommen, dann eine Hotline anrufen, dann einen zweiten Brief bekommen. Unklar ist auch, wie die teils immobilen Bürger in die Niederrheinhalle nach Wesel kommen sollen. Das alles sind komplexe logistische Herausforderungen, die Bund, Land, KV und Kreis schnell meistern müssen, um weitere Verzögerungen zu verhindern. Fehler dürfen passieren, aber man sollte aus ihnen lernen.
Dann wird auch irgendwann wieder die Sonne scheinen, vielleicht ja schon bald.
Henning
Rasche