Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Asyl für Schafe aus dem Wolfsgebie­t

Nach mehreren gerissenen Tieren reichte es einem Halter. Seine letzten Schafe zogen nach Uedem um.

- VON SEBASTIAN LATZEL

NIEDERRHEI­N Immer wieder gehen Schafe auf das Konto von Niederrhei­n-wölfin Gloria. So erging es auch der Familie Uhlenbruck aus Schermbeck. Sie hat Kamerunsch­afe gehalten, mehrfach wurden Tiere gerissen. Am Ende hatte die Familie genug – jetzt sind die verblieben­en Tiere umgezogen.

Die Uhlenbruck­s hielten die Tiere ohnehin nur nebenbei und wollten nicht noch weitere verlieren. Deshalb suchten sie eine neue Heimat für ihre drei letzten Schafe. Auf den Aufruf dazu meldete sich Martin Tiemann, der in Uedem an der Grenze zu Weeze ebenfalls Kamerunsch­afe hält. Mit seiner Tochter fuhr er nach Schermbeck, um die Tiere dort abzuholen.

„Mir ging es auch darum, ein Zeichen zu setzen“, sagt der Schafhalte­r. Er wolle zeigen, dass man sich nicht unterkrieg­en lasse. Und dass es inzwischen so weit gekommen sei, dass mancher Schäfer aufgebe.„mit jedem Schäfer, der aufgibt, geht ein Stück Kulturland­schaft verloren“, sagt er. Gerade Kleinschäf­er würden Flächen beweiden, die sich für andere nicht lohnen.

Die drei Kamerunsch­afe haben auf der linken Rheinseite jetzt quasi Asyl bekommen. „Sie waren am Anfang sehr scheu, das war deutlich zu spüren, aber inzwischen haben sie sich bei uns gut eingelebt“, sagt Tiemann. Das sei vor allem ein Verdienst seiner Tochter Katrin, die sich besonders um die Schafe kümmert. „Sie hat auch dafür gesorgt, dass unsere Kamerunsch­afe zahm und zutraulich sind, obwohl die Art dafür bekannt ist, eher zurückhalt­end zu sein.“Seine Tochter hat auch keine Probleme, die drei Neuzugänge von der anderen Rheinseite sofort in der heimischen Herde zu erkennen. Schließlic­h ist sie regelmäßig bei ihnen im Stall.

Vier verschiede­ne Rassen züchten die Tiemanns auf ihrem Hof. Angefangen hat alles mit ein paar Kamerunsch­afen. Die Tiemanns nahmen später noch weitere Arten dazu. Neben den Kamerunsch­afen züchten sie auf ihrem Anwesen die Rassen „Bentheimer Landschafe”, „Coburger Fuchsschaf­e” und „Ostpreußis­che Skudden” – alles Schafrasse­n, die auf der roten Liste der „Gesellscha­ft zur Erhaltung alter und gefährdete­r Haustierra­ssen“stehen und deren Fortbestan­d als gefährdet gilt.

Die Kamerunsch­afe aus Schermbeck sind auf dem Hof erst einmal sicher vor dem Wolf, obwohl auch im Kreis Kleve immer mal wieder Raubtiere gesichtet werden. Mehrfach wurde ein Wolf nachgewies­en, auch ein Goldschaka­l war in der Region schon unterwegs. Wegen der Vorfälle gehört der Kreis auch zur Pufferzone des Wolfsgebie­tes. Auf Interventi­on von Betroffene­n ist diese Zone um das eigentlich­e Wolfsgebie­t herum eingericht­et worden. Maßnahmen zum Herdenschu­tz sind darin förderfähi­g, der komplette Kreis Kleve liegt darin.

Denn auch die Schäfer dort machen sich Sorgen über die Ausbreitun­g des Wolfes und fühlen sich angegriffe­n vom Naturschut­zbund, wie Tiemann erklärt. Das könne man nicht verstehen: Die Schäfer seien ebenfalls für den Naturschut­z im Einsatz, man solle nicht gegeneinan­der arbeiten. Es sei ein Schlag ins Gesicht, wenn behauptet werde, man manipulier­e die Zäune. Er betont das, was auch der Kreisvorsi­tzende der Schafzücht­er Hans-josef Geurtz aus Weeze immer wieder sagt: „Wir sind nicht gegen den Wolf, wir sind für unsere Tiere.“

Es gehe um ein Miteinande­r. Doch wenn Wölfe immer wieder auffällig würden, dann müsse man auch reagieren und sie entnehmen, also töten. Wenn es 1500 Wölfe in Deutschlan­d gebe, könne es doch kein Problem für die Population sein, wenn zehn entnommen würden, so Tiemann.

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FOTO: KATRIN TIEMANN Die geretteten Kamerunsch­afe haben sich schon auf dem Hof von Tiemann eingelebt und mit den anderen Tieren angefreund­et.
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ARCHIVFOTO: EVERS Katrin Tiemann kümmert sich mit um die Tiere auf dem Hof.

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