Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Auf dem Papier sin es genug Hausärzte
Auf dem Land fehlen Allgemeinmediziner. Aber eine Unterversorgung sieht die Kassenärztliche Vereinigung nicht.
XANTEN/RHEINBERG Im September wird ein Allgemeinmediziner das Sonsbecker Hausarztzentrum verlassen, um fortan in Uedem zu praktizieren. Die Aufregung im Ort ist seitdem groß. So schnell wie möglich soll ein Nachfolger gefunden werden. Auch Alpen, Rheinberg und Xanten gehören zu den Kommunen, in denen Hausärzte fehlen. Doch ist die Versorgungslage längst noch nicht dramatisch, sagt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein. Sie versucht dennoch, Allgemeinmediziner mit finanziellen Anreizen aufs Land zu locken. Wie sehen diese Förderungen aus? Und wie wird die Zahl der Hausarztstellen eigentlich für meinem Ort berechnet? Ein Überblick.
Was ist ein Versorgungsbezirk?
Es gibt Vorgaben für die ambulante vertragsärztliche Versorgung (auch Bedarfsplanung genannt). Darin steht, wie viele Ärzte es in einer Region geben darf und wie sie geografisch verteilt sein müssen. Die Orte Xanten und Sonsbeck bilden einen gemeinsamen hausärztlichen Versorgungsbezirk – den „Mittelbereich Xanten“. Alpen und Rheinberg sind zum „Mittelbereich Rheinberg“zusammengeschlossen.
In den Bezirken werden bestimmte Werte ermittelt, die für eine Beurteilung der lokalen hausärztlichen Versorgung die planerische und rechnerische Basis auch zur aktuellen Einschätzung der Versorgungssituation darstellen. „Es wird also nicht stadtteilbezogen beziehungsweise separat für die Stadt Xanten und die Gemeinde Sonsbeck geplant“, erläutert Christopher Schneider von der Pressestelle der KV Nordrhein.
Wie viele Hausärzte gibt es in meinem Umfeld?
Im Mittelbereich Xanten sind derzeit 15 hausärztliche Stellen vergeben, 3,5 Stellen unbesetzt. Der rechnerische Versorgungsgrad in Bezug zur Anzahl der Einwohner liegt bei rund 91 Prozent. Schneider dazu: „Gemessen an diesen Zahlen ist die hausärztliche Versorgung in diesem Mittelbereich formal noch im grünen Bereich.“Erst ab einem Versorgungsgrad von unter 75 Prozent bestehe rechnerisch eine „Unterversorgung“.
Zu einer Überversorgung kommt es, wenn der Versorgungsgrad 110 Prozent überschreitet. Es folgt eine Zulassungssperre, so dass sich kein Arzt mehr im betroffenen Planungsbereich niederlassen kann. Für die Berechnung des Versorgungsgrades ist nicht nur die Einwohnerzahl je Arzt, sondern auch die Alters- oder Geschlechtsstruktur der Menschen im Planungsbereich ausschlaggebend. Im Mittelbereich Rheinberg liegt der Versorgungsgrad bei 97 Prozent bei 23 hausärztlichen Stellen. 3,5 Arztsitze sind frei.
Was passiert, wenn ein Hausarzt aufhört?
Möchte ein niedergelassener Arzt seine Zulassung – etwa aus Altersgründen – abgeben, sucht er in der Regel in Eigenregie rechtzeitig vorher einen Praxisnachfolger, weiß Schneider. Die KV Nordrhein bietet hierbei ihre Unterstützung an. Sie hat online eine Praxisbörse eingerichtet und organisiert in regelmäßigen Abständen Praxisbörsentage. Schneider: In Planungsbereichen wie in Xanten/sonsbeck, wo keine Zulassungsbeschränkungen bestehen, findet keine zusätzliche öffentliche Ausschreibung der Zulassung über die Bekanntmachungen der
KV statt. In gesperrten Planungsbereichen ist eine Niederlassung nur möglich, wenn eine Praxis übernommen werden kann.
Wie sieht die Förderung für Ärzte aus, die in ländlicheren Regionen anfangen?
Für Regionen im Rheinland, die vor allem perspektivisch von Lücken im hausärztlichen Versorgungsbereich betroffen sein können oder in denen die ambulante Versorgungslage besonders angespannt ist, bietet die KV Nordrhein seit Mitte 2018 ein Unterstützungsprogramm (Strukturfond) an. Die Anschubfinanzierung liegt bei maximal 70.000 Euro für eine Neugründung oder Übernahme einer hausärztlichen Praxis sowie die Anstellung von Hausärzten. Auch die Eröffnung einer Zweigpraxis kann mit bis zu 10.000 Euro unterstützt werden. Ärzte, die die Förderung in Anspruch nehmen, müssen an dem Ort mindestens in den nächsten fünf Jahren tätig sein. Der Bereich Xanten/sonsbeck zählt zu den Förderregionen der KV. Dort kann eine Unterstützung für zwei Zulassungen beantragt werden. Für die Region Rheinberg ist ein förderrungswürdiger Arztsitz ausgewiesen.
Warum sind Stellen für Allgemeinmediziner auf dem Land weniger attraktiv?
Das kann an einer fehlenden Infrastrukur im Ort liegen, aber auch an der Mehrarbeit, sagt Michael Weyer, der Vorsitzende des Kv-kreisstelle Wesel. So habe ein Hausarzt auf dem Land oft mehr Patienten zu versorgen und mehr Hausbesuche zu erledigen. Der Zeitaufwand ist also größer. „Es sind aber auch private Dinge, die die Entscheidung beeinflussen. Wie sind die Jobaussichten für meinen Ehepartner oder gibt es am Ort die richtige Schule für mein Kind?“, meint Weyer weiter.