Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Was sich der Mittelstand wünscht
Die Familienunternehmer knüpfen hohe Erwartungen an den neuen Cdu-vorsitzenden, der an diesem Samstag gewählt wird.
BERLIN Der neue Parteichef müsse das wirtschaftspolitische Profil der Union schärfen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nach der Corona-krise deutlich steigern, heißt es in einem Forderungskatalog des Verbandes der Familienunternehmer, der unserer Redaktion vorliegt. Kernpunkt müsse eine große Rentenreform in der kommenden Legislaturperiode sein, die den drohenden erheblichen Anstieg der Rentenbeiträge und der Steuerzuschüsse bremst. „Ein guter Cdu-vorsitzender muss hier den Mut zu einem Neuanfang mitbringen“, so der Verband.
Die Familienunternehmer haben sich zur führenden Stimme des Mittelstands entwickelt. Zu Beginn der laufenden Wahlperiode hatten sie mit beißender Kritik an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf sich aufmerksam gemacht. Altmaier habe in seiner Industriestrategie den Mittelstand außer Acht gelassen und setze zu sehr auf Interventionen des Staates, lautete damals der Vorwurf. Mit der Politik der großen Koalition sind die Familienunternehmer unzufrieden, weil die Union den Spd-forderungen nach mehr und höheren Sozialleistungen zu oft nachgegeben habe.
In ihrem Forderungskatalog wünschen sich die Mittelständler vom neuen Cdu-vorsitzenden eine Kurskorrektur. „Die CDU muss dringend wieder ein wirtschaftspolitisches Profil entwickeln. Ohne eine klare Bereitschaft zu Veränderungen wird das nicht gehen. Zudem muss die CDU endlich an die Generationengerechtigkeit ran, vor allem im Bereich der sozialen Absicherung“, heißt es in dem Papier.
Im Zentrum müsse die Rentenreform stehen. „Die Ausgestaltung der Rente ist angesichts der Demografie nicht generationengerecht. Was getan werden muss: Die abschlagsfreie Rente mit 63 muss abgeschafft werden“, fordern die Mittelständler. Zudem müsse der Renteneintritt an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Mittelfristig brauche es mehr private Kapitaldeckung für die private Altersvorsorge.
Die Familienunternehmer fordern ein generelles Moratorium für weitere Sozialleistungen. „Bereits jetzt werden die sozialen Sicherungssysteme mit so viel Steuergeld subventioniert, dass für die wichtigen Zukunftsthemen wie Bildung, Digitalisierung, Energiewende oder Infrastruktur zu wenig übrig bleibt. Weitere geplante Sozialleistungen würden die Balance völlig zulasten von Zukunftsthemen und Wachstumschancen verschieben“, heißt es im Papier.
Vom neuen Cdu-vorsitzenden erwarten die Familienunternehmer zudem eine Abkehr von der Vergemeinschaftung der Schulden in der EU. „Hier hat die Union und federführend die CDU mit der Schuldenfinanzierung und Gemeinschaftshaftung des 750-Milliarden-euro-investitionspakets in der Corona-krise eine fundamentale Kurskorrektur der deutschen Europa-politik in die falsche Richtung vorgenommen“, so die Kritik. „Die CDU kann unter neuer Führung nur wieder stabilitätsorientierte Europapartei werden, wenn sie sich besinnt und wieder für Marktwirtschaft, Wettbewerb, Konditionalität und solide Staatsfinanzen in Europa einsteht.“
Die Familienunternehmer fordern zudem eine Unternehmenssteuerreform, um Unternehmen nach der Krise zu stärken. Die letzten großen Steuerreformen 2000 und 2009 seien von Sozialdemokraten entwickelt worden. „Seit Jahrzehnten ist die CDU säumig, eine eigene und dabei Wachstumskräfte entfesselnde Steuerpolitik selbst zu konzipieren“, so der Vorwurf der Familienunternehmer.
Nachholbedarf sehen sie auch bei den Investitionen des Staates in Straßen, Schulen und Netze. „Der Stau auf den Straßen, die Verspätungen bei Bahn und Flugverkehr oder die digitale Verzögerung spiegeln sich bei den staatlichen Planungs- und Genehmigungsverfahren für jegliche Art von Investitionen“, heißt es in dem Papier.
Der neue Cdu-vorsitzende müsse zudem dafür sorgen, dass die Strompreise nicht weiter steigen. Die deutschen Energiepreise seien die höchsten unter den 30 führenden Industrienationen. „Es fehlt ein Masterplan für unsere nachhaltige Versorgung mit Primärenergie. Die CDU muss eine Partei sein, die dafür Sorge trägt, dass die Industriequote nicht auch in Deutschland weiter fällt“, verlangen die Familienunternehmer. Es gebe genügend Länder der westlichen Welt, in der die schleichende Deindustrialisierung zu großen gesellschaftlichen Verwerfungen führe, mit gefährlichen Erfolgen von Populisten und Radikalen.
„Seit Jahrzehnten ist die CDU säumig, eine eigene Steuerpolitik selbst zu konzipieren“Familienunternehmer Auszug aus dem Papier