Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Der Weg ins Impfzentrum
Im Februar soll das Impfzentrum in Wesel für alle Bürger im Kreis über 80 öffnen. Doch wie werden diejenigen geimpft, die nicht mobil sind?
Im Februar soll das Impfzentrum für alle Bürger im Kreis über 80 Jahre öffnen. Doch wie werden diejenigen geimpft, die nicht mobil sind?
Im Fernsehen laufen sie schon seit einigen Wochen: Werbespots der Bundesregierung. „Deutschland krempelt die Ärmel hoch“, heißt es in den bemüht schmissig geschnittenen Clips, die auf den Start der bundesweiten Impfkampagne gegen das Coronavirus aufmerksam machen sollen. Für Irritationen sorgt seither, dass dort eine Hotline beworben wird, die zuletzt unbrauchbar war, die 116117.
Gerade Bürger über 80, die nach den Pflegeheimen und Krankenhäusern in der Impfliste als nächste kommen, versuchten – auch inspiriert durch die Werbung – über die Hotline Termine zum Impfen vereinbaren. Vergeblich. Doch auch wenn allmählich Klarheit in das Prozedere kommt, gibt es offene Fragen. Für viele Impflinge und deren Familien ist neben der Terminvergabe vor allem unklar, ob und gegebenenfalls wie sie in das Impfzentrum in der Niederrheinhalle in Wesel kommen.
Bis Ende nächster Woche sollen alle über 80-Jährigen, die im Kreis Wesel gemeldet sind, einen Brief bekommen. Darin werden sie informiert, dass sie nun gegen das Coronavirus geimpft werden sollen. Der Brief soll ein Anschreiben des Nrw-gesundheitsministers Karl-josef Laumann und ein Begleitschreiben des Landrats Ingo Brohl (beide CDU) enthalten.
Mit diesem Brief startet dann die Terminvergabe, die entweder über das Internet (www.116117.de) oder über das Telefon (die genaue Hotline steht in dem Schreiben) funktioniert. Die Termine werden für zwei Impfungen im Abstand von drei bis vier Wochen vereinbart, im Anschluss soll es einen weiteren Brief geben, in dem der Impftermin bestätigt wird. Und schon, könnte man sagen, ist der Weg ins Impfzentrum frei.
Denn wer geimpft werden will, muss vorerst nach Wesel kommen. Das gilt für Senioren aus Moers, Sonsbeck und Wesel-feldmark gleichermaßen. Eine Sprecherin des Kreises sagt: „Ja, solange es kein zweites Impfzentrum im Kreis Wesel gibt, ist geplant, dass die Impfung der mobilen über 80-Jährigen ausschließlich im Impfzentrum an der Niederrheinhalle stattfindet.“Der Landrat setze sich indes für ein zweites Impfzentrum ein. Da das Land dem aber bislang nicht zustimmt und es auch noch keinen Standort gibt, ist es unwahrscheinlich, dass dies rechtzeitig eröffnet – falls es kommt.
Der Wunsch, dass Impfteams losziehen und Bürger ab 80 in ihren Wohnungen impfen, ist derzeit unpraktikabel. Das liegt vor allem daran, dass der am ehesten verfügbare Impfstoff von Biontech/ Pfizer komplex gelagert, transportiert und aufbereitet werden muss. „Personen über 80, die das Impfzentrum nicht besuchen können und zu Hause geimpft werden möchten, müssen leider warten, bis ein zum Transport besser geeigneter Impfstoff zur Verfügung steht“, sagt die Kreissprecherin. Der aktuell zur Verfügung stehende Impfstoff sei in der Handhabung kompliziert und könne nicht von Haus zu Haus transportiert werden.
Doch für viele Senioren über 80 dürfte der Weg nach Wesel aus den verschiedensten Gründen beschwerlich sein. Nicht nur der Aufenthalt selbst dürfte zu Schwierigkeiten führen, sondern vor allem die Anreise. Da geht es bei manchen um die Wahl des Transportmittels, bei anderen um die Frage, ob überhaupt ein Transport möglich ist. Heinz Breuer, Vorsitzender der Senioren-union in Hamminkeln, wo die Wege grundsätzlich weit sind, sagt: „Aus vielen Anrufen und Kontakten weiß ich, wie schwer sich gerade ältere Alleinstehende, die nicht auf die Hilfe von Kindern oder Enkeln zurückgreifen können, mit der Anmeldeprozedur tun werden.“Er hoffe daher auf Hilfestellung.
Auf Anfrage teilte der Kreis am Donnerstag mit, es bestehe „gegebenenfalls die Möglichkeit“, dass die jeweilige Krankenkasse die Kosten für die Fahrt zum Impfzentrum übernimmt, sofern der Hausarzt die Notwendigkeit bescheinigt. „In dem Begleitschreiben des Landrats werden die Adressaten hierauf aufmerksam gemacht und darum gebeten, diesbezüglich rechtzeitig ihren Hausarzt anzusprechen“, sagte eine Sprecherin. Ob andere Transportmöglichkeiten bestehen, werde derzeit auf verschiedenen Ebenen besprochen.
Der Spd-bundestagskandidat Rainer Keller aus Wesel, der seit Jahren für das Deutsche Rote Kreuz (DRK) tätig ist, fordert, Wohlfahrtsverbände und Hilfsorganisationen in das Verfahren einzubinden. „Da schlummert viel Potenzial, das man nutzen kann“, sagte Keller unserer Redaktion. Normalerweise müsse das Gesundheitsamt die vollständige Organisation der Impfungen übernehmen, sagte Keller. „Aber das ist kaputt gespart worden.“
Andreas Bußmann, Kreisgeschäftsführer des DRK Niederrhein, sagte, sein Verband stelle dem Kreis seit Dezember 34 Personen für das Impfzentrum zur Verfügung. Das DRK halte auch Fahrzeuge für mobile Impfteams bereit – wann diese ausrücken können, ist aber unklar.