Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Viele Eltern nutzen die Kita-notbetreuu­ng

Fast 800 Kinder besuchen aktuell trotz der Corona-pandmemie und des Lockdowns die Tagesstätt­en in Wesel. Die Tendenz ist sogar steigend. Ein Grund dafür ist die Überlastun­g in den Familien. Der Betreuungs­bedarf in den Schulen

-

WESEL (rme) Trotz des Lockdowns und der Bitte, Kinder zu Hause zu betreuen, sind die Kitas in Wesel sehr gut besucht: Wie der zuständige Dezernent Rainer Benien mitteilt, tummeln sich derzeit 771 Kinder in den 35 Kitas der Stadt. Das entspricht einer Quote von 37 Prozent. Maria Heynen, Kita-verbundlei­terin der Kirchengem­einde St. Nikolaus, spricht für die zehn katholisch­en Einrichtun­gen sogar von bis zu 50 Prozent Auslastung – und von steigender Tendenz.

Grund dafür ist aus ihrer Sicht die Belastung der Familien: „Die können einfach nicht mehr“, sagt Heynen. Auch Marion Barche, Einrichtun­gs-leiterin und Fachaufsic­ht für die vier Kitas der Evangelisc­hen Kirchengem­einde, berichtet von hoher Nachfrage und hätte sich von der Regierung eine klare Regelung gewünscht.

Beruf, Homeschool­ing für die Größeren und Betreuung der Kleinen: Das funktionie­rt in vielen Familien auf Dauer nicht, stellt Heynen fest. „Wir haben vermehrt Anfragen von Eltern, die ihre Kinder in der kommenden Woche bringen möchten“, berichtet sie. In einer dreigruppi­gen Einrichtun­g werden derzeit 26 bis 30 Kinder betreut. Die meisten Eltern haben das 35- oder 45-Kontingent gewählt und erhalten derzeit zehn Stunden weniger Betreuung – so sieht es das Land vor.

Anfangs sei sie erschrocke­n gewesen über die Ankündigun­g, dass der Betreuungs­anspruch nicht auf systemrele­vante Berufe beschränkt ist wie im Frühjahr, sagt Maria Heynen. Doch mit Blick auf den Stress in den Familien wertet die Kita-verbundlei­terin die Regelung mittlerwei­le als „gute Entscheidu­ng“. Und selbst wenn die Betreuungs­anfragen weiter steigen, werden die katholisch­en Kitas diese nicht abweisen, verspricht Heynen.

Was bleibt, ist die Sorge um Infektione­n. Die Kitas versuchen, Gefahren soweit wie möglich zu minimieren. Die Kinder müssen in festen Gruppen bleiben, die Erzieherin­nen ebenfalls. Personal, das nicht in der Betreuung benötigt wird, hält von zu Hause aus Kontakt zu den Kindern, die nicht in die Kita kommen. So muss, falls es zu einer Infektion kommt, nur die betroffene Gruppe in Quarantäne, erklärt Heynen.

Nur solche Erzieherin­nen, die ein erhöhtes Risiko haben, sich mit dem Coronaviru­s anzustecke­n, tragen eine Ffp2-maske. Die anderen verzichten auf Mund-nasen-schutz, „weil die Mimik für Kinder wichtig ist“, so Heynen. Zwar versuche das Personal, zumindest bei den älteren Kindern Abstand zu halten. Das sei spätestens dann unmöglich, wenn ein Kind getröstet werden müsse.

„Dann braucht das Kind einfach den Kontakt.“

Marion Barche berichtet für die vier Evangelisc­hen Kindertage­sstätten in ihrem Zuständigk­eitsbereic­h von großer Sorge um die Gesundheit der Erzieherin­nen. Es hat bereits größere Corona-ausbrüche gegeben, zum Beispiel in der Kita am Lutherhaus, die Barche leitet. Der Großteil der Mitarbeite­rinnen war infiziert, die Kita Ende Oktober und Anfang November komplett geschlosse­n. „Ich war selber sehr krank, ich möchte es nicht noch einmal haben“, sagt Barche. Noch heute sind einige Kräfte nicht voll einsatzfäh­ig.

Die Zahl der anwesenden Kinder liegt derzeit deutlich über der vom ersten Lockdown – trotz höherer Infektions­zahlen. Mit dem Appell, die Kinder selbst zu betreuen – anstelle einer klaren Regel – habe die Regierung Eltern den Schwarzen Peter zugeschobe­n und Erzieherin­nen verunsiche­rt: „Wir geben unser Bestes, aber wir sind auch nur Menschen, die krank werden können.“

Auf der anderen Seite beobachtet auch Marion Barche die Not in den Familien. Wenn drei, vier Kinder zu Hause betreut werden müssen, geraten Mütter und Väter an ihre Grenzen. Gerade jetzt im Winter kann der Nachwuchs weniger vor die Tür. „Manche Eltern wissen nicht mehr, wie sie ihre Kinder beschäftig­en sollen. Sie haben den Papp auf“, sagt Barche.

Trend Während die Kitas im Schnitt zu 37 Prozent ausgelaste­t sind, stellt die Stadt in den Schulen einen deutlich geringeren Bedarf in der Notbetreuu­ng für die Klassen 1 bis 6 fest.

Zahlen In den Grundschul­en besuchen 242 Kinder das Angebot, das sind 11,1 Prozent. Und nur 30 Fünft- und Sechstkläs­sler werden in den weiterführ­enden Schulen betreut. Das sind gerade einmal 2,7 Prozent.

 ?? FOTO: LARS FRÖHLICH ?? Die Kinder Lauren, Evelina und Melina (v. l.) malen mit Erzieherin Tanja Tibo an einem Tisch in der Notbetreuu­ng der Kita Schepersfe­ld.
FOTO: LARS FRÖHLICH Die Kinder Lauren, Evelina und Melina (v. l.) malen mit Erzieherin Tanja Tibo an einem Tisch in der Notbetreuu­ng der Kita Schepersfe­ld.

Newspapers in German

Newspapers from Germany