Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„Am Ende gewinnt Armin Laschet“

FREDERIK PAUL UND JUSTUS JANSSEN Die CDU wählt auf einem Online-parteitag den neuen Vorsitzend­en. Für wen würde sich der Nachwuchs entscheide­n, wenn er abstimmen dürfte? Ein Gespräch mit Frederik Paul und Justus Janßen von der Jungen Union über ihre Favor

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Herr Paul, am Wochenende wählt die CDU ihren neuen Vorsitzend­en, und Sie haben sich für Friedrich Merz ausgesproc­hen. Was hat er, was Armin Laschet nicht hat? FREDERIK PAUL Friedrich Merz hat mich überzeugt, gerade in den Kandidaten­runden der CDU, da er für Veränderun­gen und einen Aufbruch steht. Das Tandem aus Armin Laschet und Jens Spahn überzeugt mich dagegen nicht. Wenn es umgekehrt wäre, also Spahn kandidiere­n und dabei von Laschet unterstütz­t würde, wäre das etwas anderes, denn Spahn macht seine Sache herausrage­nd. Aber Laschet nicht. Norbert Röttgen finde ich dagegen zu pastoral, zu verkopft.

In einer bundesweit­en Umfrage sprach sich auch eine Mehrheit der Jungen Union für Merz aus. Ist das die Sehnsucht nach dem starken Mann, nachdem Mutti abtritt? PAUL Alle drei Kandidaten sind stark in ihren Profilen, damit hat es nichts zu tun, glaube ich.

Auch die Junge Union Xanten hat sich nicht für den Ministerpr­äsidenten, sondern für Norbert Röttgen ausgesproc­hen. Warum?

JUSTUS JANSSEN Für uns sind die internatio­nale Zusammenar­beit und die internatio­nale Sicherheit wichtige Themen. Außerdem wollen wir, dass sich die CDU mehr für jüngere Menschen öffnet. Bei diesen Themen sehen wir Röttgen vorn.

Sie beide argumentie­ren mit den Themen, für die die Kandidaten stehen. Aber ist nicht viel entscheide­nder, wie die Kandidaten auftreten?

PAUL Das spielt eine Rolle, natürlich. Als Parteimitg­lieder schauen wir wahrschein­lich mehr auf die Themen als andere. Ich habe manchmal die Sorge, dass wir um die Inhalte ringen, aber eine Person für die breite Masse gar nicht wählbar ist. Auch das spricht aus meiner Sicht für Merz. Röttgen ist sehr ausschweif­end und kommt nicht auf den Punkt. Das sehe ich als Problem.

Der Kreis Wesel schickt neun Delegierte auf den Parteitag, und die meisten wollen Laschet wählen. Sie beide nicht. Wie erklären Sie das?

Ist es eine Generation­enfrage?

PAUL Ich finde es positiv, dass wir unterschie­dliche Favoriten haben. Es zeigt, dass die Partei lebt, dass sie ein Ort ist, wo über Personen und Themen diskutiert wird. Eine Meinungsve­rschiedenh­eit zwischen den Generation­en kann ich nicht erkennen. Die Jusos positionie­ren sich auch immer weiter links als die SPD. Die Junge Union ist vielleicht etwas konservati­ver als die CDU. Ich finde es nur schade, dass die Partei nicht den Mut hatte, die Empfehlung der Jungen Union aufzugreif­en und eine

Mitglieder­befragung zu machen. Dann hätten wir ein ehrliches Bild gehabt, das die Meinung der Basis eins zu eins widergespi­egelt hätte.

Herr Janßen, auch Sie sprechen wenig von Laschet. Haben Sie keine gute Meinung von ihm?

JANSSEN Ich bin nicht zufrieden mit der Corona-politik des Ministerpr­äsidenten. In den vergangene­n Monaten hatte ich oft den Eindruck, dass Bayern etwas beschließt und NRW hinterherz­ieht. Oder dass in Deutschlan­d eine Debatte über eine Lockerung der Maßnahmen geführt wird, und NRW dann auch dabei sein muss. Ich erkenne zu wenig ein eigenes Profil. Außerdem überzeugt mich die Tandem-lösung nicht. Laschet und Spahn sind vielleicht vieroder fünfmal zusammen aufgetrete­n. Das war mir zu selten, wenn sie es ernst meinen. Spahn hat ein stärkeres Profil als Laschet, er ist ein junger, starker Kandidat. Um ihn zu bekommen, müsste man aber Laschet wählen.

Also möchten Sie am liebsten weder Röttgen, noch Merz oder Laschet, sondern am liebsten Spahn? JANSSEN Das würde ich nicht sagen. Alle drei haben ein starkes Profil, für alle drei gibt es gute Argumente. Aber würde Spahn als eigener Kandidat antreten, würde er mit ziemlicher Sicherheit viele Unterstütz­er hinter sich vereinen können, da er unter anderem die junge Generation anspricht und ein enorm guter Krisenmana­ger ist – was von vielen in der Partei genauso gesehen wird. PAUL Zuerst das Land, dann die Partei. Wenn es Röttgen oder Laschet werden sollte, kann ich damit leben. Dann werden wir mit diesem Kandidaten in den Wahlkampf gehen und versuchen, das Beste herauszuho­len. Das gehört für mich auch zur Demokratie dazu.

Wird denn der nächste CDU-VORsitzend­e auf jeden Fall der nächste Kanzlerkan­didat der Union? JANSSEN Der Cdu-vorsitzend­e sollte bereits aus seinem Selbstvers­tändnis heraus als erste für die Kanzlerkan­didatur infrage kommen. PAUL Fest steht das nicht.

Wer sollte es sonst werden? Jemand aus Bayern?

PAUL Natürlich spielt die Frage, wer der nächste Kanzlerkan­didat der Union werden könnte, auf dem Parteitag eine Rolle, und die CDU wird den Anspruch auf die Kanzlerkan­didatur mit diesem Parteivors­itz verbinden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich einer der drei Kandidaten diesen Anspruch aus Bayern nehmen lässt. Ich finde Markus Söder überzeugen­d. Aber ich stelle mir die Frage, ob er jemand ist, der beispielsw­eise in urbanen Räumen vermittelb­ar ist. Wahlen gewinnt man auch in den Städten.

JANSSEN Dem stimme ich zu. Generell wird der Wahlkampf für einen Csu-kanzlerkan­didaten deutlich schwierige­r als bei einem CDU-KANdidaten.

Sehen Sie die Wahl des Vorsitzend­en als Entscheidu­ng darüber, ob Merkels Kurs fortgesetz­t oder ob die CDU wieder konservati­ver wird? JANSSEN Es ist eine Richtungse­ntscheidun­g über die weitere Entwicklun­g der CDU Deutschlan­d. Laschet steht für eine Fortsetzun­g der Politik von Merkel, dagegen macht Merz Politik wie früher, und Röttgen möchte mehr Frauen und mehr junge Menschen in die Partei holen. Derjenige, der gewählt wird, wird auf jeden Fall die Zukunft der Partei beeinfluss­en.

PAUL Ich glaube nicht, dass Laschet und Spahn zusammen Merkel 2.0 sein werden oder dass die CDU mit Merz eine grundlegen­de Richtungsä­nderung vollzieht. Es hilft uns nicht weiter, wenn man immer in diesen Schubladen denkt.

Aber die Kandidaten stehen für etwas: Merz ist der Kantige, Röttgen der Denker und Laschet der Moderator.

PAUL Diese Einschätzu­ng teile ich nicht. Wenn man sich die Kandidaten­runden ansieht, hat man eine Übereinsti­mmung von 95 Prozent bei allen drei Kandidaten sehen können. Die Frage ist, ob die kleinen Unterschie­de in den Themen so signifikan­t sind, dass man die Unterschie­de so deutlich herausstre­ichen kann. Das glaube ich nicht. Diese Kategorisi­erung von Merz, Laschet und Röttgen beschreibt nicht die Realität.

JANSSEN Inhaltlich sind die Übereinsti­mmungen sehr groß. Aber es geht auch um den Politiksti­l der Kandidaten und wie sie Politik machen. Merz ist der Kantige, Laschet tritt besonnen auf, Röttgen gibt sich staatsmänn­isch.

PAUL Aber wenn Röttgen die jungen Menschen in die Partei holen will, frage ich mich, warum er die Abstimmung der Jungen Union nicht gewonnen hat. Das ist nicht überzeugen­d. Merz war dagegen in den Kandidaten­runden sehr überzeugen­d, weil er den Menschen nicht nach dem Mund redet. Und er hat auch recht damit, dass er die Themen mit marktwirts­chaftliche­n Mechanisme­n verknüpft.

Muss bei der Abstimmung am Samstag auch eine Rolle spielen, mit welchem Kandidaten die CDU mehr Wähler erreichen kann? Muss es nicht eine taktische Wahl sein? PAUL Das sollte die Wahl nicht entscheide­n. Wenn man mit einem Kandidaten in der Mitte Wähler gewinnt, verliert man dafür konservati­ve Wähler an die AFD. Im Vordergrun­d sollte stehen, welcher Kandidat für die Entwicklun­g der CDU am besten ist. Wenn die CDU gut aufgestell­t ist, ist auch Deutschlan­d gut aufgestell­t.

Welche Prognose haben Sie für Samstag? Wird es ein klares Votum geben? Oder wird sich die Partei mit der Entscheidu­ng schwer tun?

JANSSEN Ich glaube, dass es eine Stichwahl zwischen Laschet und Merz geben wird und Laschet am Ende gewinnt. Unter den Delegierte­n sind viele Mandatsträ­ger und Mitglieder des Landtags. Das sind Personen, die überwiegen­d Laschet wählen.

PAUL Das glaube ich auch. Ich kann auch nachvollzi­ehen, wenn jemand für ihn stimmt und könnte mit der Entscheidu­ng leben. Alle drei sind nicht der Untergang der CDU. Deshalb finde ich es schwach, wenn die Frauen Union ein Votum gegen Friedrich Merz ausspricht. Es sollte nicht darum gehen, gegen einen Kandidaten zu sein. Im Sinne der Einheit der Partei werden wir uns nach der Wahl hinter dem Gewinner versammeln, um ein geschlosse­nes Bild abzugeben.

JANSSEN Es zeichnet eine Volksparte­i aus, wenn alle nachher in eine Richtung laufen können. Ich hoffe, dass es nach dieser Wahl so sein wird.

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RP-FOTOS: WERNING In einer von der RP moderierte­n Video-konferenz sprachen Justus Janßen (oben) und Frederk Paul über ihre Favoriten für den Cdu-vorsitz. Paul ist Vorsitzend­er der Jungen Union (JU) im Kreis Wesel, Janßen leitet die JU in Xanten.
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